Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Beitragvon Edelknabe » 28. Oktober 2013, 11:54

Als Kind, ich erinnere mich ging es einmal in der Woche mit Geschwister ins Wannen und Brausebad unter dem Leipziger Grassimuseum(Museum für Völkerkunde). Dort wurde ausgewählt,bezahlt, auch Seife und die Handtücher ausgehändigt für die Wanne oder Brause und dann ging es los, das Badevergnügen alleine in der Brause oder zu zweit in der Wanne konnte beginnen.Die Preise dafür waren recht billig bis ein Witz,(eben durch gesellschaftliche Fonds sehr preiswert gehalten) sie sind mir leider entfallen, vielleicht könnte ein Anderer das einmal ergänzen.

Der Grund dafür, für sie, diese "wöchentliche körperliche sozialistische Grundreinigung" war eigentlich ganz einfach, denn die Haushalte der DDR besaßen einfach zuwenig Bäder, sie besaßen eher pro Haushalt ein Gußwaschbecken in der Küche mit kaltem Wasseranschluss, dies aber nur in den Gründerzeithäusern so Leipzig, siehe also dem Altbestand an vorhandenem Wohnraum.Und gut, auch durch Renovierungen erhöhte sich der Anteil der Haushalte mit Warmwasser-Elektrospeichern unterschiedlicher Kapazitäten dies aber mehr in den siebziger Jahren.

Ich nehme somit einmal an, das jede Klein-und Großstadt der DDR eine gewisse ausreichende Anzahl solcher "Badeanstalten des Volkes" hatte, vielleicht könnten User beitragen, die damals in Kleinstädten der DDR gewohnt haben.

Mich würde auch einmal in dem Zusammenhang interessieren, ob es im Westen drüben in den sechsziger/siebziger Jahren und später ähnliche Einrichtungen(Badehäuser) gab?

Rainer-Maria und einen guten Tag allen ins Forum
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Re: Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Beitragvon Interessierter » 28. Oktober 2013, 15:54

Also Badehäuser in dem Sinne, daß man dort hinging um sich zu reinigen, da es zu Hause weder Dusche noch Bad gab, kenne ich aus meiner Kindheit nicht. Es gab Schwimmhallen oder Hallenbäder in denen man sich zwar duschen konnte, deren Zweck aber darin Bestand, dort zu schwimmen oder das Schwimmen zu lernen.

Der wöchentliche Badetag fand bei uns im Gemeinschaftsbad des Mietshauses statt. Dort wurde Samstags im Keller in einem extra Raum der Badeofen mit Kohle befeuert und dann hat nacheinander die ganze Hausgemeinschaft ( nach Familien sortiert ) dort in der Badewanne sich gereinigt und entspannt. Natürlich jeder in frischem Badewasser und nicht in dem des Nachbarn. [flash]

Das Bad sah dann so ähnlich aus:

Bild

" Der Interessierte "
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Re: Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Beitragvon Rupert Hübelbauer » 28. Oktober 2013, 17:11

Im Hallenbad konnte man bei uns immer Brausen und Wannenbäder günstig benützen. Was ich nicht wusste, kann man das sogar – der Andrang ist sicher geringer - auch heute noch im neu sanierten Hallenbad.

Dusche 20 Min. Euro 1,70
Wanne 30 Min. Euro 2,60
http://www.aquacity.at/index.php (bei Interesse auf Informationen gehen und Preise anklicken)

rupert
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Re: Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Beitragvon Dille » 28. Oktober 2013, 17:54

Ich weiß aus meiner Kindheit noch, daß wir in den 50er- Jahren auch ab und an in das Carolus (?)- Bad in der Annenallee in Berlin- Köpenick gegangen sind, ein "Brausebad".
Ansonsten hatten wir in unserer Altbau- Wohnung einen Kohle- Badeofen, da war am Sonnabend "Badetag" (und wöchentlicher Unterwäsche- Wechsel, wer jetzt "ihhhh" sagt, kann ja sich auch mal outen.....), meine schlimme Erinnerung ist daran, daß ich dann im Badewasser meiner (älteren) Schwester baden durfte, schon so mit diesen Schlieren auf dem Wasser, zur Ehrenrettung muß ich aber sagen, der Kohleofen war dann wieder soweit aufgeheizt, daß ich dann wieder mit der "Brause" mich vor dem Aussteigen aus der Wanne nochmal "abbrausen" konnte.
Das war aber Standard bis in die 90er- Jahre, meine Mutter lebte bis zu ihrem Tod in dieser Wohnung mit dem Kohle- Badeofen, und einem (späteren) Durchlauferhitzer in der Küche --- insgesamt war dies ein Fortschritt gegen unsere alte Wohnung mit Kohleherd in der Küche (darauf dann Warmwasserbereitung) und Klo eine halbe Treppe tiefer, mit 'ner anderen Partei, deren Reinlichkeit noch mehr zu wünschen übrig ließ.....

Hat's uns geschadet ?? Neee -- nich' wirklich, in mancher Situation sage ich heute noch zu meiner Frau "... hab' dich nich' so....", und wenn ich auf meinen Auslandsreisen immer so "picky" gewesen wäre, ich weiß ja nicht..... hat eben alles 2 Seiten.....

Gruß, Dille
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Re: Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Beitragvon Spartacus » 28. Oktober 2013, 18:23

Dille hat geschrieben:
Hat's uns geschadet ?? Neee -- nich' wirklich, in mancher Situation sage ich heute noch zu meiner Frau "... hab' dich nich' so....", und wenn ich auf meinen Auslandsreisen immer so "picky" gewesen wäre, ich weiß ja nicht..... hat eben alles 2 Seiten.....

Gruß, Dille


Genau so Dille [hallo]

Wir waren halt die härtesten.

Bei uns lief es so ähnlich ab. Badeofen einheizen, dann Wanne voll und dann erst Muttern, dann Vatern, dann ich
und schließlich mein kleiner Bruder. Der hatte dann immer die Arschkarte gezogen, denn die Brühe sah dann schon
ziemlich "bunt" aus. [flash]

LG

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Re: Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Beitragvon pentium » 28. Oktober 2013, 18:25

Ich wurde bei dem etwas ausgefallenem Thema sofort an eine Serie des DDR Fernsehens erinnert. Von 1965.

Aus dem Tagebuch eines Minderjährigen

Die unter der Regie von Klaus Gendries entstandene Serie basiert auf dem von Kurt David geschriebenen Roman Freitags wird gebadet.

Die Serie handelt von einem Minderjährigen, der auf dem Dachboden jeden Tag in sein Tagebuch schreibt. So beschreibt er unter anderem jeden Freitag in seinem Tagebuch, wie sein Vater in die Badewanne steigt. im Herbst 1965 im Fernsehen der DDR erstmals gezeigt. Die Ausstrahlungen der Serie erfolgten immer freitags.

Rainer-Maria wir hatten Bad. Mit Wanne und Badeoffen wie auf dem Foto vom @ Interessierten. Das öffentliche Badehaus wurde in meiner eigentlichen Geburtsstadt (Kreisstadt) zu DDR-Zeiten und heute noch Hauptort des Landkreises, im Mittelalter geschlossen (Pest oder Sittenverfall) oder im Dreißigjährigen Krieg? Na egal.
Rainer-Maria wir hatten danach genug Badewannen. Ach ja und im Sommer Freibäder in der nahen und weiten Umgebung. Das Haus war Bauhjahr so mitte der 1950 Jahre. Bei meinen Freunden im Altbau wurde Freitags die Zinkbadewanne in die Küche gestellt. Also wie gesagt Badewannen gab es genug!

mfg
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der als Kind auch immer Freitags in die Wanne musste
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Beitragvon Edelknabe » 28. Oktober 2013, 19:06

Schöne aussagekräftige Beiträge und vielen Dank in die Runde. Ähhhh Pentium siehe dein:

"Rainer-Maria wir hatten Bad. Mit Wanne und Badeofen wie auf dem Foto vom @ Interessierten."

Also Bad und Badeofen hatte der Rainer ab Mitte der 70er Jahre ebenfalls.Ganz früher in der Kindheit in der Villa seiner "Kapitalistentante" (fuffziger Jahre schon)nahe Grimma auch. Und über diese ...unsere erste Ausbauwohnung schrieb ich schon X bis Einhundert Texte, habe hier auch Fotos in der eigenen Sammlung.

Mir ging es eigentlich mehr um ganz normale Haushalte in Altbauten mit ganz normalem Gußwaschbecken außer den dann sozialistischen Neubaubewohnern auf der grünen Wiese, die wohl jeden Abend die Wanne vollaufen ließen. Was für ein Badevergnügen das es wohl nur im Sozialismus gab, und dies fast kostenlos weil in der Miete drin enthalten.
Und na klar, Hallenbäder gab es in der DDR jede Menge und da war Duschen in gewisser Weise "Pflicht".

Rainer-Maria irgendwo las ich einmal über japanische Badesitten. Also da stieg der Hausherr als erster in die Wanne und dann folgte...im selben Badewasser der Rest der Familie. Dies wurde ja hier auch schon beschrieben.War Japan nicht ein dicker Freund der Deutschen? Also muss somit auch Bade-Übereinstimmung vorgelegen haben....hahaha.
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Re: Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Beitragvon Huf » 28. Oktober 2013, 19:19

Ich kenne das alles ähnlich, wie hier zuvor recht treffend beschrieben,

allerdings, wenn auch OT, jemand denkt, wir alle wären heute sauberer und hygienischer...,

heute sind fast alle Wohnungen mit Dusch- u./o. Bademöglichkeit ausgestattet, inklusive energieeffizienter Warmwasserzubereitung.

Trotzdem gibt es sehr viele Zeitgenossen, die sehr intensiv nach Mensch riechen, um es mal sehr freundlich umschrieben, auszudrücken!

Ich weiß, wovon ich hier schreibe... [mad]

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Re: Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Beitragvon augenzeuge » 28. Oktober 2013, 19:25

Huf hat geschrieben: Trotzdem gibt es sehr viele Zeitgenossen, die sehr intensiv nach Mensch riechen, um es mal sehr freundlich umschrieben, auszudrücken!

Ich weiß, wovon ich hier schreibe... [mad]

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Glaub ich dir. Die einen kommen früh zu dir und sind zu schwach/krank, um noch zu duschen....die anderen kommen verschwitzt und gehetzt nach dem Job....und andere sind verschwitzt, weil sie einfach zu lang im Wartezimmer saßen...... [denken]

Die Orthopäden haben's auch nicht leicht, dort müssen fast alle die Schuhe, die sie schon Stunden tragen, ausziehen...... [angst]
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Re: Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Beitragvon Huf » 28. Oktober 2013, 20:04

Du machst es Dir etwas zu einfach, Jörg!

Inzwischen kann ich sehr gut unterscheiden, ob der Geruch durch "frische Schweißabsonderung" enstanden ist, oder ob sich mancher der Marke "Iltis" verpflichtet fühlt.
Man selbst ist ja bei einem langen Arbeitstag den gleichen Naturgesetzen und dem Umgang mit ihnen unterworfen...

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Re: Der Badetag des sozialistischen Bürgers, der Familie.

Beitragvon Hausfreund » 29. Oktober 2013, 00:19

Huf hat geschrieben:Ich kenne das alles ähnlich, wie hier zuvor recht treffend beschrieben

Möchte mich anschließen, Huf!

Auf dem Dorf in den 50ern war's noch einen Zahn schärfer. Im Sommer abends mit Seife am Wehr, gemischtes jugendliches Publikum ;-). Im städtischen Altbau mit kleinen Kindern, Kohleöfen usw. Grauenhaft - das würde sich kein (alleinstehender) "Hartzer" heute mehr ansehen. Zentralheizung und fließendes Warmwasser seit rund 25 Jahren.
Inzwischen kann ich sehr gut unterscheiden, ob der Geruch durch "frische Schweißabsonderung" enstanden ist
Erinnere mich schwach an eine Frau, alleine mit ihren Ziegen in einem Haus. Sicherheitsabstand je nach Wind mindestens 10 Meter, und irgendwann mußte sie mal zum Arzt...
[grins]
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