Nach dem Fall der Mauer verlassen jede Woche etwa 15.000 Menschen das Land. Staat und Wirtschaft der DDR drohen im Chaos zu versinken. Bundeskanzler Helmut Kohl sieht sich deshalb gezwungen, die Währungsunion voranzutreiben und schon vor dem Einheitsvertrag zum 1. Juli 1990 eine Wirtschafts- und Währungsunion zwischen Bundesrepublik und DDR zu schaffen. Kernstücke des Staatsvertrages sind die Einführung der sozialen Marktwirtschaft in der DDR und die Umstellung der DDR-Währung auf DM zum 1. Juli 1990.
31. März 1990: Der Zentralbankrat der Bundesbank empfiehlt der Regierung einen Umstellungskurs von grundsätzlich zwei Mark der DDR zu einer D-Mark. Eine Umstellung eins zu eins würde die DDR-Wirtschaft einer Verschuldung und einem Kostenniveau aussetzen, dem die meisten Betriebe im internationalen Wettbewerb nicht gewachsen wären, heißt es. Die Bundesbank löst damit heftige Diskussionen aus. Für einen Umtauschkurs von weniger als eins zu eins setzen sich vor allem Minister Haussmann und die meisten FDP-Politiker ein. Sie werden von Waigel unterstützt. Die SPD ist für eins zu eins.
Anfang April 1990: In Ost-Berlin und anderen DDR-Städten demonstrieren Zehntausende für ein Verhältnis von eins zu eins.
17./18. Juni: Die DDR bezeichnet sich jetzt als ein „freiheitlicher, demokratischer, föderativer, sozialer und ökologisch orientierter Rechtsstaat“. Mehrheitlich billigten die Abgeordneten das Treuhandgesetz über die Privatisierung volkseigenen Vermögens.
21. Juni: Mit Zweidrittelmehrheiten stimmen beide deutschen Parlamente der Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zu.
30. Juni: In der Nacht zum 1. Juli versammeln sich Tausende auf dem Alexanderplatz in Berlin. Die Deutsche Bank tauscht ab Mitternacht DDR-Mark in D-Mark um.
1.Juli: In vielen DDR-Städten und -Gemeinden wird die D-Mark mit Feuerwerk, Sekt und Autohupen euphorisch begrüßt.
Die am 30. Juni 1990 bei den DDR-Geldinstituten vorhandenen Guthaben in Höhe von 184,7 Milliarden DDR-Mark werden in 122,8 Milliarden Mark (62,9 Milliarden Euro) umgestellt.
Löhne, Gehälter, Stipendien, Mieten, Pachten und Renten sowie andere wiederkehrende Versorgungszahlungen werden im Verhältnis 1:1 umgestellt. Bei Bargeld und Bankguthaben sind die Regelungen nach Lebensalter gestaffelt: Kinder unter 14 Jahren können bis zu 2000 DDR-Mark im Verhältnis 1:1 umtauschen, 15- bis 59-Jährige bis zu 4000 DDR-Mark, Personen über 60 Jahre bis zu 6000 DDR-Mark. Darüber hinausgehende Beträge werden im Verhältnis 2:1 umgestellt. Damit ist die Eingliederung der DDR in die Bundesrepublik praktisch vollzogen. Der Ansturm auf die neue Währung ist groß: Bis zum Abend des 2. Juli zählt allein die Sparkasse der Stadt Berlin rund 320.000 Kunden. Bei den 15.000 Bankfilialen in der DDR werden am Tag der Währungsumstellung 3,4 Milliarden DM abgehoben.
MDR
AZ