Deutschland Ost -
Deutschland WestEs geht um mehr als Gerechtigkeit und Wiedergutmachung
Die Aufarbeitung der DDR-VergangenheitVersuch einer Zwischenbilanz
Von Jörn Mothes und Jochen Schmidt
Jörn Mothes, Dipl.-Theol., ist Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen in Mecklenburg-Vorpommern. Er ist Mitherausgeber des Bandes "Beschädigte Seelen. DDR-Jugend und Staatssicherheit" (Edition Temmen, Rostock/Bremen 1996). Jochen Schmidt, M.A., ist Stellvertreter des Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in Mecklenburg-Vorpommern und Mitherausgeber von "Mecklenburg-Vorpommern im Wandel. Bilanz und Ausblick" (Olzog Verlag, München 1998).Wie soll umgegangen werden mit einer belasteten und belastenden Vergangenheit? 180 km Geheimakten zeugen von Wirken und Willkür der Stasi in der ehemaligen DDR. Vertrauen ist zerbrochen, materieller und psychisch-sozialer Schaden ist entstanden. Soll man einen "Schlussstrich" ziehen? Es geht um Gerechtigkeit, aber auch um die Glaubwürdigkeit von Demokratie. Und es geht darum, mit der Aufarbeitung der Vergangenheit einen Beitrag zu einer neuen politischen Kultur zu leisten.
Die DDR hinterließ nicht nur wirtschaftlichen SchadenVierzig Jahre DDR hinterließen nicht nur große ökonomische Probleme, wenngleich diese in der öffentlichen Diskussion der letzten zehn Jahre häufig im Vordergrund standen. Zu den Hinterlassenschaften der SED-Diktatur gehören auch die Folgen des vielfältig praktizierten, politisch motivierten Unrechts. Oppositionelles, widerständiges oder auch nur abweichendes Verhalten wurde kriminalisiert. Die Ereignisse von 1953 und 1968, dramatische Fluchtversuche über die innerdeutsche Grenze, später das Erstarken emanzipatorischer, politischer Gruppen unter dem Dach der Kirche oder der Freikauf politischer Häftlinge boten immer wieder Handlungsfelder für die Geheimpolizei der DDR, das Ministerium für Staatssicherheit. Hinzu kamen die Konflikte, die aus der Zunahme der Zahl der Ausreiseantragsteller einerseits und dem verstärkten Ringen der DDR um außenpolitische Anerkennung andererseits resultierten. Der Geheimdienst reagierte nach 1976 mit der Psychologisierung seiner Methoden und erklärte große Teile der eigenen Bevölkerung zum "Feind".Das Erzeugen von Angst und Misstrauen, der Missbrauch von Vertrauen insbesondere durch die Geheimpolizei der DDR hinterließ gravierende psychosoziale Folgen bei den Betroffenen von Unterdrückung und Überwachung. Darüber hinaus hatte die Diktatur auch Folgen für die politische Kultur. Das für eine Demokratie essentielle bürgerschaftliche Engagement war in der DDR unerwünscht und ist deshalb auch heute noch schwach ausgeprägt.
Die Bemühungen um Aufarbeitung galten damit von Anfang an nicht allein der Aufklärung dessen, was in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR geschehen war und 40 Jahre lang nicht thematisiert werden durfte. Sie sollten auch dem Aufbau der Demokratie und der Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements dienen.
Hier kann man weiterlesen:
https://www.buergerundstaat.de/4_00/ostwest03.htm