"Devisenbeschaffer" ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Aber ausgesprochen treffend für die Aufgabe von Alexander Schalck-Golodkowski, Leiter des Bereichs Kommerzielle Koordinierung (KoKo). Ein Beruf, der den Fortbestand der DDR sicherte. Es gibt ihn nicht mehr, jedenfalls in Deutschland nicht, seit 14 Jahren, seit dem 3. Oktober 1990.
Im Juni 1983 war der Devisenbeschaffer noch im Amt, und er übermittelte dem bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß eine dramatische Warnung Erich Honeckers: dass die "Schotten dichtgemacht" würden, wenn der Handel mit der DDR "eingeschränkt oder nicht durchgeführt" werde. In diesem Fall werde die DDR ihre "Aufgaben mit Hilfe des RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) lösen". Es sei denn, Strauß helfe der DDR, ihre Zahlungsbilanzkrise zu überwinden. Dann wäre Honecker "der Weg nach Westen" doch lieber. Am 29. Juni 1983 gab die Bundesregierung bekannt, sie werde die Bürgschaft für einen Kredit über eine Milliarde Mark an die DDR übernehmen.
War das der Preis dafür, dass der Osten nicht ganz und gar abgeschottet wurde? Hatte Schalck-Golodkowski nur geblufft? Strauß jedenfalls nahm die Sache ernst. Und das zu Recht. Akten des Ministeriums für Staatssicherheit, im Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung jetzt aufgearbeitet, zeigen: Es gab tatsächlich Pläne, die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen einzufrieren.
Diese Pläne kamen aus der Hauptabteilung XVIII der Staatssicherheit, zuständig für Volkswirtschaft. Dort hatte man ein Geheimpapier verfasst, es trägt das Datum 25. Januar 1982 und enthält den Vorschlag, jeglichen Handel mit dem Westen weitestgehend abzubrechen. Der Klassenfeind im Westen wurde bis dato - zu unrentablen Preisen, aber eben gegen Devisen - mit Produkten aus dem sozialistischen Osten versorgt: Die beim Quelle-Versand vertriebenen Nähmaschinen kamen aus Wittenberge, die Staubsauger aus Altenburg. Karstadt verkaufte einen Haarföhn "Made in GDR". Und das schwedische Möbelhaus Ikea hatte eine Pendelleuchte im Programm, die in Halle an der Saale gefertigt wurde.
Die Wirtschaftspolitik der SED, heißt es in dem Stasi-Geheimpapier, habe "zu einer Gefährdung der inneren Stabilität der DDR" geführt. Die Krise war gravierend. Die Sowjetunion sollte übernehmen, und zwar "Verbindlichkeiten der DDR bei kapitalistischen Banken in Höhe von ca. 20 Mrd." Valutamark (VM, ein Dollar wurde mit 2,40 VM angesetzt). So wollte die DDR ihre Verbindlichkeiten gegenüber dem so genannten Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet (NSW) auf maximal zwölf Mrd. VM reduzieren. "Der zur Lösung dieser Aufgabe erforderliche Exportüberschuss im NSW wird für Warenlieferungen in die UdSSR eingesetzt", heißt es in dem Papier weiter, und: "Struktur und Umfang der zu liefernden Waren sollten es der UdSSR ermöglichen, in einem hohen Maße selbst NSW-Importe abzulösen". Das bedeutete: Die Sowjetunion übernimmt die gewaltigen Auslandschulden der DDR, und die gibt dafür ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit weitgehend auf und produziert künftig nahezu ausschließlich für die UdSSR.
Es ist unklar, ob dieser Plan je aus Erich Mielkes Behörde nach außen drang. Gerhard Schürer jedenfalls, Vorsitzender der Staatlichen Plankommission, erfuhr seinerzeit nichts davon. Mehr als 20 Jahre später mit der Studie vertraut gemacht, bezeichnet er sie als "irrsinnig" und "absolute Idiotie".
Mit dem interessanten Beitrag geht es hier weiter:
https://www.welt.de/politik/article3440 ... leite.html
Und da gibt es immer noch User die behaupten, dass die DDR nicht pleite war.....
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