1938 - Der österreichische Bundeskanzler Kurt Schuschnigg tritt nach einem Ultimatum von Adolf Hitler mit den Worten, „dass er der Gewalt weiche“, zurück. Der Nationalsozialist Arthur Seyß-Inquart bildet eine neue Regierung. Am gleichen Tag erteilt Hitler die Militärische Weisung für den Einmarsch in Österreich zum Anschluss Österreichs.
Der Tag, an dem Österreich verschwand
Zitat:
Mit seinem Plan, am 13. März 1938 eine Volksbefragung zu Österreichs Unabhängigkeit durchzuführen, beschleunigte "Frontführer" Kurt Schuschnigg die Ereignisse
Es war eine Verzweiflungstat. Vor genau 75 Jahren, am 9. März 1938, nahm Kurt Schuschnigg um 8.10 Uhr den Zug nach Innsbruck. Er hatte bereits am Tag zuvor bekanntgegeben, um 19 Uhr bei einer Veranstaltung der Vaterländischen Front im großen Stadtsaal eine wichtige Erklärung abgeben zu wollen. Das tat er auch: Der Ständestaat-Kanzler und Führer der Vaterländischen Front, kurz "Frontführer", kündigte an, dass bereits vier Tage später, am 13. März, einem Sonntag, eine Volksbefragung zur Unabhängigkeit Österreichs durchgeführt werde.
Schuschnigg zitierte zwar Andreas Hofer ("Mander, es ischt Zeit!") und erntete laut Zeitungsberichten "stürmischen Beifall". Doch die Machtergreifung der Nationalsozialisten und der "Anschluss" ans Deutsche Reich ließen sich zu dem Zeitpunkt nicht mehr aufhalten. Denn Schuschnigg hatte Adolf Hitler gegenüber, seit fünf Jahren Reichskanzler, zu viele Zugeständnisse gemacht oder machen müssen, zuletzt am 12. Februar mit der Unterzeichnung des "Berchtesgadener Abkommens". Seit 16. Februar gab es eine Regierungsbeteiligung der zuvor illegalen Nationalsozialisten, als Innenminister kontrollierte das NSDAP-Mitglied Arthur Seyß-Inquart die Polizei.
"Heil Schuschnigg!"
Die von Schuschnigg ausgegebene Parole lautete: "Für ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, ein christliches und einiges Österreich! Für Friede und Arbeit und die Gleichberechtigung aller, die sich zu Volk und Vaterland bekennen." Man möge, so der Aufruf, aufstehen "wie ein Mann" und mit "Ja" stimmen: "Front Heil! Österreich!"
Schuschnigg konnte mit breiter Unterstützung rechnen - u. a. auch durch Kommunisten und Sozialisten. Die Jüdische Presse mahnte in der Ausgabe vom 11. März: "Dass die Juden Österreichs vollzählig zur Abstimmung erscheinen sollen, bedarf keiner besonderen Aufforderung. Sie wissen, was diese zu bedeuten hat. Jeder erfülle daher seine Pflicht!"
Und die Österreichische Arbeiter-Zeitung beklagte noch in der Ausgabe vom 12. März, dass der Nationalsozialismus mit Fackelzügen, Unterschriftensammlungen, Hakenkreuzen im Straßenbild Auferstehung feierte. Die Abstimmung sei "die Stunde der Arbeiterschaft", so der Aufmachertitel, und daneben der Aufruf: "Jeder Arbeiter bekennt sich zu Österreich!" Eingelegt war ein Blatt der Vaterländischen Front: "Frei und treu! Heil Schuschnigg!" Dass diese Ausgabe überhaupt noch erschienen war, verwundert. Denn am 12. März hatten die Nationalsozialisten faktisch die Macht übernommen.
Am 10. März war noch alles ruhig. Schuschnigg traf in der Früh am Westbahnhof ein. Er wurde, so die Wiener Zeitung, von einer "ungemein großen Menschenmenge" begrüßt. Ein paar Seiten weiter war u. a. zu lesen, dass Walpurga Sabati beim Schneeglöckchenpflücken ertrunken war.
Die Volksbefragung aber hatte Hitler längst zum Kochen gebracht: Der Führer drohte mit der Mobilmachung der 8. Armee und wies Seyß-Inquart an, ein Ultimatum zu stellen; die Abstimmung sei zu verschieben. Sogleich hieß es, Schuschnigg werde sich beugen. Doch das Amt des Frontführers ließ über die Wiener Zeitung vom 11. März verlautbaren, dass alle Gerüchte unzutreffend seien. Und, weil es ursprünglich nur Stimmzettel mit "Ja" geben wollte: "Es besteht selbstverständlich die Möglichkeit vollkommen freier, geheimer Stimmabgabe für jedermann. Auch Stimmzettel mit dem Aufdruck ,Nein' werden zur Verfügung stehen."
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pentium