War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Besondere Vorkommnisse in der Zeit des kalten Krieges

Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Volker Zottmann » 7. Juli 2012, 20:09

Das auf jeden Fall Wosch! Alles andere wird immer spekulativ bleiben. Aber ein schönes Denkmodell war es allemal.
In der vergangenen Politik haben wir jedenfalls gelernt, dass man nie was glauben sollte. Das gemeine Volk wird doch immer verschaukelt, wie die Nuss beim Hütchenspieler.

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon karnak » 7. Juli 2012, 20:23

Ein Land von der Grösse Deutschlands im Herzen von Europa als neutraler Staat das würde nicht funktionieren.Und hätte schon garnicht 1953 funktioniert.8 Jahre nach Ende des,von den Deutschen vom Zaun gebrochenen Krieges,wäre das den Völkern die davon betroffen waren nicht vermittelbar gewesen.Von der sich, immer mehr verschärfenden Konfrontation zwischen den beiden Weltmächten UdSSR und USA garnicht zureden.
So dumm wie es klingt,freie Wahlen in der DDR mit dem wahrscheinlichen Ergebniss 1953 hätte für die Welt wahrscheinlich eine neue Katastrophe heraufbeschworen.Aus heutiger Sicht,es hätte nicht passieren dürfen,vieleicht nicht Interesse der Deutschen,aber im Interesse der Menschheit.Das war meiner Meinung nach die bittere Realität damals.Ob das irgend jemand klar war damals weiß ich nicht.Die Deutschen mussten also bis 1990 warten.Und wenn es ein Trost ist,besser später als nie.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Danny_1000 » 8. Juli 2012, 06:51

Wosch hat geschrieben:
Danny_1000 hat geschrieben:
Wosch hat geschrieben:....Volker, ich bin mir da nicht so sicher, daß der Stalin seinen Machtbereich aufgegeben hätte!
Schönen Gruß aus Kassel. [hallo]

Man hätte ihn doch nur beim Wort nehmen müssen !!! So gesehen ist deine These reine Spekulation.

Gesichert aber ist: Der alte Adenauer und seine Getreuen hatten überhaupt kein Interesse an einem geeintem, entmilitarisierten und neutralen Deutschland. Sie verfolgten eine Politik, die Westdeutschland in den Westen und damit in die globalen Machtinteressen der Amis einband. Bekanntlich war dem alten Kölner „das halbe Deutschland ganz lieber als das ganze Deutschland nur halb“. So gesehen war er einer der Grundsteinleger zur Spaltung unseres Landes.

Gruß
Daniel



Wenn meine Unsicherheit "reine Spekulation" sein soll, dann war Dein "Man hätte ihn doch nur beim Wort nehmen müssen!!" eben auch eine Solche. Ich glaube nicht, daß zum damaligen Zeitpunkt des "Kalten Krieges die Sowjetunion ernsthaft bereit war ihre Kriegsbeute aufzugeben und damit ihren deutschen komunistischen Vasallen die Macht zu entziehen. Es wurde schon viel über diese Möglichkeit geschrieben aber ich sehe diesbezüglich überhaupt keinen Grund dafür, daß der Kreml seine "Angebote" ernst meinte. Zumindesten ergab sich aus den "taktisch" geschickt gemachten"Vorschlägen" die Möglichkeit dem Adenauer und der Regierung der BRD zu unterstellen, sie würden nicht für die Deutsche Einheit sein.
Schönen Gruß aus Kassel. [hallo]

Nun ja, Glauben kann man in der Kirche. In unserer Geschichte sollten wir uns schon an die bekannten Fakten halten. Und fakt ist nun mal: Ob die Angebote der Sowjetunion und ihrer Stadthalter in Ostberlin zur Einheit Deutschlands nur taktische Manöver waren, wissen wir ja nicht. Von Seiten des Westens sind mir keine ähnlich bedeutsamen Vorstöße aus dieser Zeit und in diese Richtung bekannt. Und was am Ende von Verhandlungen über die mögliche Einheit Deutschlands rausgekommen wäre ist nun wieder reine Spekulation, weil z.B. die Hardliner im Westen eben ganz andere Pläne hatten und an solchen Gesprächen gar nicht interessiert waren.

Überliefert ist aber, dass der von mir bereits zitierte, alte Fuchs Adenauer schon zu Zeiten als preußischer Stadtrat eine Aversion gegenüber den Osten hatte. Bei seinen Fahrten nach Berlin soll er ab Magdeburg immer die Vorhänge seines Abteils zugezogen haben, um die für ihn ab dort beginnende „asiatische Steppe“ nicht sehen zu müssen.

Einen schönen Sonntag
Daniel
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Interessierter » 8. Juli 2012, 07:53

Wunderbar, daß wir hier alle unsere eigene Meinung und Thesen vertreten können, ohne Repressionen fürchten zu müssen und schlimmstens als " Ewig Gestrige " bezeichnet werden können. [grin]

Aber, daß die Grenze und Mauer zur DDR den Weltfrieden bewahrt hat und eine Wiedervereinigung 1953 daher nicht möglich gewesen wäre, glaube ich nicht.

Diese Grenze, die angeblich dem Weltfrieden diente, hätte man auch an Polens Grenze errichten können und dann wären dort die gerne beschworenen " beiden Blöcke " aufeinandergestoßen.

Gleichzeitig wurde die " Weltfriedensicherung " auch als Rechtfertigung für die Greueltaten an dieser Grenze benutzt, wenn ehemalige Grenzer beispielsweise in Foren schreiben, sie hätten mit ihrem Dienst täglich den Weltfrieden gesichert.

Wie sichert man eigentlich den Weltfrieden in dem man eigenen Bürgern in den Rücken schießt?

[hallo]
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon manudave » 8. Juli 2012, 08:00

Es ist doch historische Realität, dass die Mauer den Weltfrieden bewahrt hat - ob einem das nun passt oder nicht...
Man denke nur an das Zitat von Kennedy...
Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Danny_1000 » 8. Juli 2012, 08:32

Interessierter hat geschrieben:Wunderbar, daß wir hier alle unsere eigene Meinung und Thesen vertreten können, ohne Repressionen fürchten zu müssen und schlimmstens als " Ewig Gestrige " bezeichnet werden können. [grin]

Aber, daß die Grenze und Mauer zur DDR den Weltfrieden bewahrt hat und eine Wiedervereinigung 1953 daher nicht möglich gewesen wäre, glaube ich nicht.

Diese Grenze, die angeblich dem Weltfrieden diente, hätte man auch an Polens Grenze errichten können ..... [hallo]

…dazu hätten Adenauer und Co diese Grenze aber erstmal anerkennen müssen. Sie und viele ihrer Hintermänner träumten meines Wissens damals aber noch von einem Großdeutschland in den Grenzen von 1937… Helmut Kohl war es wohl, welcher 1989 – im Zuge der Einheitsverhandlungen – diesen Schritt vollzog. Vielleicht wissen der SPIEGEL oder Du ja mehr ! [grin] [grin]

Einen netten Gruß
Daniel
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 8. Juli 2012, 08:52

Danny_1000 hat geschrieben:
Interessierter hat geschrieben:Diese Grenze, die angeblich dem Weltfrieden diente, hätte man auch an Polens Grenze errichten können ..... [hallo]

…dazu hätten Adenauer und Co diese Grenze aber erstmal anerkennen müssen.
Daniel


Eine Mauer kann man auch dann errichten, wenn andere diese Grenze nicht anerkennen. Die innerdeutsche Grenze wurde als Staatsgrenze doch auch anfangs nicht anerkannt.

Wenn einem Regime das Volk weg rennt, dann kann dieses Regime militärisch schon mal unberechenbar werden, nicht wahr?

Aber analog Schnitzler, der meint, dass die Mauer die feindl. Truppen aufgehalten hat, wollen wir sicher nicht gehen, oder? Er wusste sicher gar nicht, dass es damals eine Mauer an der innerdeutschen Grenze gar nicht gab.....und ob da in Berlin ne 1,5m hohe Mauer steht, wäre absolut für eine Kriegsentscheidung belanglos gewesen.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon karnak » 8. Juli 2012, 09:34

Das die Mauer den Weltfrieden bewahrt hat würde ich so absolut vieleicht nicht sagen,1953 stand sie ja auch noch nicht.
Aber das eine wie immer geartete Wiedervereinigung 1953 möglich gewesen wäre,daß zweifle ich eben an.Nicht nur wegen eines Widerstandes der UdSSR, mit Sicherheit hätten das auch viele andere europäische Länder kritisch gesehen.Allen voran Frankreich und die Briten.Und wie schon gesagt, 8 Jahre nach dem 2 .Weltkrieg war das auch nachvollziebar.Wir hätten natürlich neben der Bundesrepublik Deutschland auch noch eine Deutsche Demokratische Bundesrepublik gründen können.
Wie auch immer,ist ja doch alles nur Kaffeesatzleserei.Wir haben sie jetzt,die Wiedervereinigung,und mit entsprechendem zeitlichen Abstand finde auch ich es gut so.
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Re: Lokale "Machtzentralen" der DDR. Was ist aus ihnen geworden?

Beitragvon pentium » 9. März 2013, 18:34

Werte Diskutanten!

Dieses Jahr jährt sich der Aufstand vom 17. Juni 1953 zum sechzigsten Mal. Vielleicht sollten wir die Diskussion zum 17.Juni 1953, im Thema: „War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?“ Hier existierend im Forum, weiter fortsetzen.


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Re: Lokale "Machtzentralen" der DDR. Was ist aus ihnen geworden?

Beitragvon Wosch » 10. März 2013, 18:36

pentium hat geschrieben:Werte Diskutanten!

Dieses Jahr jährt sich der Aufstand vom 17. Juni 1953 zum sechzigsten Mal. Vielleicht sollten wir die Diskussion zum 17.Juni 1953, im Thema: „War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?“ Hier existierend im Forum, weiter fortsetzen.


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Aber daß in den letzten 23 Stunden in diesem Thread kein Wort mehr gesprochen wurde hast Du sicherlich auch schon bemerkt. Ich persönlich finde es gar nicht übel, wenn aus dem "Gespräch" heraus vom ursprünglichen Thema abgekommen wird. Nun ist hier "Tote Hose" und alle sind´s zufrieden???
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Re: Lokale "Machtzentralen" der DDR. Was ist aus ihnen geworden?

Beitragvon pentium » 10. März 2013, 18:50

Werder @wosch. Nun bin ich ja nicht dafür verantwortlich, wenn hier plötzlich, wie du schon feststellst „tote Hose“ herrscht. Man kann ja ruhige einmal kurz vom eigentlichen Thema abschweifen, man sollte aber auch zurück finden, ich meine zum eigentlichen Thema. "Lokale Machtzentralen"...!
Sonst landen wir noch bei der Mondlandung oder bei den Kornkreisen. Es war außerdem ja eine Anregung! Ich bin ja nicht der "OT"-Verantwortliche des Forums!

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Re: Lokale "Machtzentralen" der DDR. Was ist aus ihnen geworden?

Beitragvon Wosch » 10. März 2013, 19:22

pentium hat geschrieben:Werder @wosch. Nun bin ich ja nicht dafür verantwortlich, wenn hier plötzlich, wie du schon feststellst „tote Hose“ herrscht. Man kann ja ruhige einmal kurz vom eigentlichen Thema abschweifen, man sollte aber auch zurück finden, ich meine zum eigentlichen Thema. "Lokale Machtzentralen"...!
Sonst landen wir noch bei der Mondlandung oder bei den Kornkreisen. Es war außerdem ja eine Anregung! Ich bin ja nicht der "OT"-Verantwortliche des Forums!

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Ich hatte nicht vor Dich als für irgendwas "verantwortlich" zu machen, aber die Feststellung daß der Thread seit 23 Stunden nichts mehr zum ursprünglichen Thema beigetragen und auch OT- mäßig keinen Ersatz geleistet hatte, sollte lediglich einen Antwort auf Deine Anregung gewesen sein. Wegen mir konnte in dem besagten Thread auch bei "Mondlandungen und Kornkreisen" "gelandet" sein wenn der Bedarf da gewesen wäre, es hätte doch Keinen daran gehindert zum urspünglichen Thema zurückzukommen oder auf dieses einzusteigen. Ich bin übrigens der Meinung daß im Forum das Wort "OT" nicht so inflationär gehandhabt werden sollte. In normalen Diskussionsgesprächen kommt man gewöhnlich doch auch meist vom "Floh" zum "Elefanten" und was ist eigentlich dagegen auszusetzen.
Merkst Du was, schon sind wir wieder "OT", kein Wort zu den "Lokalen Machtzentren"

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Re: Lokale "Machtzentralen" der DDR. Was ist aus ihnen geworden?

Beitragvon augenzeuge » 10. März 2013, 19:25

pentium hat geschrieben: Dieses Jahr jährt sich der Aufstand vom 17. Juni 1953 zum sechzigsten Mal. Vielleicht sollten wir die Diskussion zum 17.Juni 1953, im Thema: „War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?“ Hier existierend im Forum, weiter fortsetzen.
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Wir schieben das bei Bedarf rüber. (Schon erledigt!!

In dem Zusammenhang würde mich interessieren, wo gab es Zusammenhänge, wo Unterschiede zum Herbst '89? Auch diese Zeit wird ja unterschiedlich bewertet.
Kann man davon ausgehen, dass der 17. Juni ohne Sowjetpanzer ein 9.11. geworden wäre?
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Wosch » 10. März 2013, 20:04

In der Zwischenzeit sind mir meine damaligen Gesprächspartner abhanden gekommen @AZ, aber der Versuch war es wert.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon pentium » 10. März 2013, 21:04

Ich habe ein interessante Ausführung zum Thema gefunden. Sie könnte einige Fragen beantworten.
Zitat aus:

http://www.hausarbeiten.de/faecher/vorschau/68191.html


„Schon die Bezeichnungen „17. Juni 1953“ und „Herbst 1989“ zeigen die unterschiedliche zeitliche Dauer der Ereignisse. Auch wenn der Aufstand 1953 nicht ausschließlich auf den 17. Juni beschränkt war, sondern bereits vorher begann und teilweise auch noch am 18. Juni in Form von Straßenprotesten und Streiks andauerte und Mitte Juli nochmals aufflackerte , so muß doch von zeitlich sehr begrenzten Aktionen gesprochen werden, deren Ende aufgrund des Eingreifens sowjetischer Truppen und Kasernierter Volkspolizei erzwungen wurde. Der zeitliche Rahmen 1989 muß weit größer gefaßt werden und kann mit verschiedenen Daten definiert werden. So könnte die Demonstration im Anschluß an das erste Montagsgebet nach der Sommerpause am 04. September 1989 auf dem Leipziger Nikolaikirchhof, im Schutz der aufgrund der Herbstmesse anwesenden westlichen Medienvertreter, als Anfang der Herbstrevolution betrachtet werden. Alternativ könnte aber auch der 09. Oktober als Beginn der Massendemonstrationen in Leipzig gelten, selbst wenn Dresden und Plauen mit Recht für sich in Anspruch nehmen, mit nicht unerheblichen Demonstrationen der Leipziger vorangegangen zu sein. Noch schwieriger erscheint es, einen Schlußpunkt zu setzen: Der Rücktritt Honeckers, die Öffnung der Innerdeutschen Grenze oder gar erst der Tag des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik wären hier denkbar.
Die Vorfälle erscheinen, bis auf die bereits angesprochene zeitliche Ebene, als ziemlich ähnlich: Massendemonstrationen in weiten Teilen der DDR, vor allem in den größeren Städten, ausgelöst durch einen Macht- und somit Richtungswechsel in der Sowjetunion. Die Schwerpunkte gleichen oder ähneln sich: Leipzig, Dresden, Görlitz, Bautzen, Chemnitz, Plauen, Erfurt, Jena, Apolda, Halle, Merseburg, Magdeburg, Cottbus, Potsdam, Rostock und Stralsund bilden wie 1953 auch 1989 Zentren des Widerstandes. 1989 zeichnet sich neben dem politischen Zentrum Berlin ein deutliches Süd-Nord-Gefälle bezüglich der Demonstrationshäufigkeit und -stärke ab. Die bevölkerungsreichen Industriebezirke des Südens und Berlin bildeten die Zentren der Erhebungen. Der Norden „hinkte“ zeitlich etwas nach. Selbst wenn sich in beiden Fällen zu vereinzelten Protesten auf dem Land kam, lagen die Schwerpunkte doch verstärkt in den Städten. Auffällig ist jedoch, daß die stärkste Konzentration an Kundgebungen und Demonstrationen 1989 im Bezirk Karl-Marx-Stadt registriert wurden, während es dort 1953 weitgehend ruhig geblieben war, da die dortigen Sicherheitskräfte durch bereits im Vorfeld des 17. Juni aufgetretene Unruhen vorbereitet waren, zum anderen die Präsenz der SAG Wismut die Protestmöglichkeiten einschränkte. Es stellt sich somit noch die Frage, weshalb die Revolution 1989 ihren Ausgangspunkt in der Provinz genommen, der Juni-Aufstand jedoch im Zentrum, in der Hauptstadt der DDR begonnen hat: 1953 war den Ost-Berlinern der bessere Lebensstandard in den Westsektoren der Stadt durch die noch offene Grenze stets präsent. Speziell den Bauarbeitern, den Urhebern der Unruhen, wurde durch den erfolgreichen Streik der West-Berliner Putzer, der im Neuen Deutschland reflektiert wurde, vor Augen geführt, welche Möglichkeiten ihre Kollegen nur wenige Kilometer entfernt hatten. Dies dürfte zu ihrer Unzufriedenheit bezüglich der erhöhten Arbeitsnormen wesentlich mit beigetragen haben.121989 hingegen verhinderten die Konzentration der Machtapparate in Berlin sowie die dadurch bewirkte stetige Präsenz staatlicher Autorität eine vergleichbare Situation, den Ausgang der Revolution, in Berlin. Auch dürfte die allgemein bessere Versorgungslage in Berlin konfliktdämpfend gewirkt haben. In Leipzig hingegen hatten die Einwohner im Rahmen der Messen stets Kontakte auch zu Vertretern des westlichen Auslandes, teilweise auch durch Zimmervermietungen persönlich. Andererseits mußten sie aber das Absinken einer ehemaligen sächsischen Metropole zu einer zerfallenen Provinzstadt mit permanenten Versorgungsengpässen, vor allem außerhalb der Messezeit, erleben. Des weiteren waren Umweltprobleme durch die Braunkohleindustrie im Leipziger Umland sowie durch die räumliche Nähe zum Chemiezentrum um Bitterfeld in der Messestadt besonders spürbar und trug mit Sicherheit zu einem besonderen Grad an Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung bei.“

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Dille » 10. März 2013, 21:41

Danke @Pentium, eine wirklich interessante Betrachtung beider Ereignisse.

Gruß, Dille
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon pentium » 10. März 2013, 21:51

Bitte!
Ich habe noch etwas gefunden zum Thema. Bei Amazon. (Keine Werbung)

Aufstand der Massen: Ein historischer Vergleich: 17. Juni 1953 und Herbst 1989 [Taschenbuch]
Özlem Duranöz (Autor)

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Re: Lokale "Machtzentralen" der DDR. Was ist aus ihnen geworden?

Beitragvon zonenhasser » 10. März 2013, 22:45

augenzeuge hat geschrieben: Kann man davon ausgehen, dass der 17. Juni ohne Sowjetpanzer ein 9.11. geworden wäre?
Die DDR war von der Sowjetmacht zu jeder Zeit abhängig. Die internationale Lage war 1953 natürlich eine andere als 1989. Stalin starb zwar im März 1953, aber der Sowjetimperialismus starb erst mit Gorbatschow (1956 Ungarn, 1968 CSSR - Breschnewdoktrin von der eingeschränkten Souveränität). Wenn die UdSSR im Jahr 1953 die DDR aufgegeben hätte, hätten selbstverständlich keine westlichen Staaten eine Wiedervereinigung verhindern können.
Die “Rote Fahne” schrieb noch “wir werden siegen”, da hatte ich mein Geld schon in der Schweiz.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Volker Zottmann » 10. März 2013, 23:25

In Quedlinburg gab es auch Unterschiede:

1953 wurden Demonstranten verhaftet. Ein Teil der "Elite" schloss sich im Finanzamt hinter Eisengittertüren selbst im Keller ein, um vor vermeintlichen Mördern sicher zu sein. Mein Vater (damals Plakatmaler in der HO) und dessen Kollege wurden aufgefordert, sich auch vor dem "Mobb" in Sicherheit zu bringen. Doch beide lachten nur: "Warum, wir haben doch nichts verbrochen..."

1989 wurde bei den Hauptdemos niemand verhaftet. Die "Elite" aber verbarrikadierte sich in der SED-Kreisleitung. Die hatten Angst, dass wir sie nicht so "lieb" haben, wie Mielke uns!

Gruß Volker
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Edelknabe » 11. März 2013, 07:24

Habe einmal einen alten Text hervorgeholt. Die Frage Erhebung oder Revolution beantwortet natürlich nicht. Ich sage, es war eine Erhebung, auch gesteuert durch äußere Einflüsse..

Ich schrieb das glaube ich schonmal hier im Fred: " Ein Land, so die Sowjetunion, mit einem Blutzoll aus dem zweiten Weltkrieg mit ca.25 Millionen Toten für die Befreiung eines Deutschland vom Nationalsozialismus sähe naiv zu, wie durch eine Masse von Unzufriedenen(wohlbemerkt und soweit ich informiert bin wurden Normerhöhungen und erhöhte Preise für Grundnahrungsmittel vor den Unruhen wieder vom Staat DDR zurückgenommen), sowas ginge eigentlich garnicht, denn so blöd konnte keiner sein, nicht mal die UdSSR und richtig, so meine Meinung, das konsequent der Friede in der aufbauenden DDR wiederhergestellt wurde, auch mit nicht ganz feinen Mitteln, der Zweck heiligte ganz einfach die Mittel", hätte wohl der Papst gesagt."

Sie wollten eine andere Gesellschaftsordnung und sie war nicht die Schlechteste, so meine ich, logischerweise noch fehlerbehaftet, aber welche neuen Wege werden nicht mit Fehlern beschritten im Gegensatz zum altem katholischen Mief und menschlichen Rückschritt im alten Westdeutschland, Die, die das Dritte Reich noch jahrzehntelang hinter sich herschleppten, mit einem Adenauer, der Politiker, der "das Reich des Bösen" gleich östlich der Elbe sah?

Wenn das Volkspolizeiprotokoll in Ostberlin vom 17/18.Juni 1953 nochmal gewünscht wird...ich glaube es steht schon hier im Fred, wo "friedliebende ostdeutsche Bauarbeiter Schulen und behördliche Einrichtungen in Brand setzen und plündern, wo Menschen ob ihrer Parteizugehörigkeit zur SED in den Westteil der Stadt aus ihren Wohnungen verschleppt werden, wo offene Gewalt des Mob die Oberhand gewinnen möchte", dann stelle ich es gerne nochmal ein, zum guten Nachdenken für den deutschen Michel heute, damit ihm ein Licht aufgeht ob seiner geistigen Beschränktheit und Konsumnarretey.

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 11. März 2013, 08:46

Edelknabe hat geschrieben:Wenn das Volkspolizeiprotokoll in Ostberlin vom 17/18.Juni 1953 nochmal gewünscht wird...
Rainer-Maria


Dieses Protokoll kann man wohl kaum auf andere Städte übertragen. Es betrachtet einen sehr kleinen Bereich.
Darüberhinaus ist dir sicher auch klar, dass in diesem Protokoll nicht alle Dinge drinstehen, die tatsächlich passierten. Fakten sprechen eine Sprache, aber ehrlich ist sie nur, wenn man deren Ursachen dazu nicht verschweigt. Und Selbstkritik war nie das Ding der DDR, im Gegenteil, Kritik an der DDR wurde verfolgt. Das wussten auch jene, die das Protokoll schrieben....
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Edelknabe » 11. März 2013, 10:04

Ob das Protokoll(findet man hier Anfangs bis Seite 4 oder 5) der Wahrheit entspricht Jörg können wir Beide nicht beurteilen. Ich denke aber, es spricht eine klare Sprache, sagt auch etwas aus. Da lese ich nichts groß Politisches drin, eher den Text "im nüchternen Polizeijargon".

Rainer-Maria und das schrieb ich auch schonmal. Ich stelle mir heute die Volks-Masse vor, auch den Mob wenn Er die Polizeireviere belagert, wenn also Unruhen hervorgerufen durch irgendwelche Umstände ausbrechen. Meintest du gar, man reichte dann aus dem Revier Blumen durch die Gitter im Erdgeschoss an diese, die draußen vor Zorn Denen da drinnen an den Kragen wollen?

So naiv kann kein Mensch sein Jörg. Dann wird von der Schusswaffe ordentlich Gebrauch gemacht und Nichts Anderes, so einfach sehe ich das. Diese Wende besser Umwälzung 1989 war einmalig unblutig, sowas kommt niemals in der deutschen Geschichte wieder.Die Nächste wird....na, das lassen wir besser offen.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon zonenhasser » 11. März 2013, 12:00

Edelknabe hat geschrieben:" Ein Land, so die Sowjetunion, mit einem Blutzoll aus dem zweiten Weltkrieg mit ca.25 Millionen Toten für die Befreiung eines Deutschland vom Nationalsozialismus sähe naiv zu, wie durch eine Masse von Unzufriedenen(wohlbemerkt und soweit ich informiert bin wurden Normerhöhungen und erhöhte Preise für Grundnahrungsmittel vor den Unruhen wieder vom Staat DDR zurückgenommen), sowas ginge eigentlich garnicht, denn so blöd konnte keiner sein, nicht mal die UdSSR und richtig, so meine Meinung, das konsequent der Friede in der aufbauenden DDR wiederhergestellt wurde, auch mit nicht ganz feinen Mitteln, der Zweck heiligte ganz einfach die Mittel", hätte wohl der Papst gesagt."
Lies diesen einen Satz nochmal in Ruhe...
Die Normerhöhungen für die Bauarbeiter in der Berliner Stalinallee waren nur der Auslöser des Aufstands.
Edelknabe hat geschrieben:Sie wollten eine andere Gesellschaftsordnung und sie war nicht die Schlechteste, so meine ich, logischerweise noch fehlerbehaftet, aber welche neuen Wege werden nicht mit Fehlern beschritten
"Fehler" - ja so nannte man das damals...
Die “Rote Fahne” schrieb noch “wir werden siegen”, da hatte ich mein Geld schon in der Schweiz.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon pentium » 11. März 2013, 15:27

Zitat:
„Die Normerhöhungen für die Bauarbeiter in der Berliner Stalinallee waren nur der Auslöser des Aufstands.“

Es waren nicht nur die Normerhöhungen!

Am 4. Februar 1953 veröffentlichte das „Neue Deutschland“ auf der Titelseite einen Beschluss des ZK der SED über den „Feldzug für strenge Sparsamkeit“. Es war die Rede vom „Kampf um die Erhöhung der Normen“, von „nicht berechtigten Leistungen im Sozial- und Versicherungswesen“, von „ungerechtfertigten Steuervergünstigungen für private Unternehmer und Geschäftsleute“. Mit der „Verordnung zur Änderung der Einkommensbesteuerung“ und der „Zweiten Handwerkssteuerverordnung“ vom 5. März 1953 wurde zunächst die Einkommens- und Handwerkersteuer erhöht. Die „Verordnung über die Herausnahme der freiwilligen Versicherungen aus der Sozialversicherung“ vom 19. März 1953 führte dazu, dass Selbstständige aus der allgemeinen Kranken- und Sozialversicherung ausgeschlossen wurden und sich nur noch zu erhöhten Prämien in einer neuen Versicherungsanstalt versichern konnten. Der „schaffenden Intelligenz“ wurden mit der „Verordnung zur Änderung der Aufgaben des Förderungsausschusses für die deutsche Intelligenz“ vom selben Tage zum 1. Mai 1953 verbilligte Sonderzuteilungen von Konsumgütern entzogen. Es folgte die „Verordnung der Preise für Branntwein“ vom 26. März 1953, die den Schnaps verteuerte. Es gab die „Verordnung zur Aufhebung der Rationierung von Textilien und Schuhen“ vom 9. April 1953, die zu einer weiteren Preiserhöhung führte. Mit der „Verordnung über die Neuregelung der Lebensmittelkartenversorgung“ vom 9. April 1953 wurden zum 1. Mai d. J. allen Freiberuflern und Selbständigen, den in West-Berlin arbeitenden Grenzgängern, Hausbesitzern mit mehr als 4.800 Mark Jahreseinkommen, so genannten Großbauern sowie deren Angehörigen die Lebensmittelkarten entzogen. Gleichsam in einem Akt der Verzweiflung wurden mit entsprechenden Verordnungen vom 16. April 1953 auch noch die Preise für Kunsthonig und Marmelade angezogen. Bereits am 17. März 1953 hatte das Politbüro entschieden, bisherige Fahrpreisermäßigungen ab 1. April aufzuheben, u.a. die bisher geltende Ermäßigung von 75 Prozent für Arbeiterrückfahrkarten. Während die Bevölkerung — nun einschließlich der „werktätigen Arbeiter und Bauern“ — mit ständigen Preissteigerungen konfrontiert wurde, wusste das „Neue Deutschland“ von zunehmenden Forderungen aus den Betrieben nach einer Normerhöhung zu berichten. …Schließlich — der Auslöser für den 17. Juni — die Streiks gegen die diktierte Normerhöhung. Mit dem „Neuen Kurs“ hatte die SED allen bisher drangsalierten Bevölkerungsgruppen Verbesserungen versprochen. Nur die soziale Klasse, als deren Avantgardepartei die SED sich ausgab — die Arbeiter -, sollten weiterhin die angekündigten Lohnkürzungen akzeptieren, wie noch in der „Tribüne“, dem Blatt des so genannten Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes, am Morgen des 16. Juni zu lesen war. Das brachte das Fass zum Überlaufen.

Quelle(Falco Werkentin Warum rebellieren Menschen? Hinweise zur Vorgeschichte des 17. Juni 1953.)

1953 war ich auch noch nicht geboren, in der Schule lernte ich, es sei ein faschistischer Putsch gewesen, gesteuert von den bösen Agenten des Westens und dem noch böserem RIAS! Erst später erschlossen sich mir andere Quellen und ich bekam ein differenzierteres Bild auf die damaligen Ereignisse. Außerdem fand der 17.Juni vor meiner, besser, der Haustüre meiner späteren Eltern ja nicht statt. (Erzgebirge-Wismut)

Fazit:
Die Staats und Parteiführung hatten immer Angst, der 17.Juni könne erneut ausbrechen.
Mit dem Ruf "Wir sind das Volk" brach er erneut aus. Nur gab es keine Schutzmacht mehr...

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 11. März 2013, 16:53

Edelknabe hat geschrieben:Diese Wende besser Umwälzung 1989 war einmalig unblutig, sowas kommt niemals in der deutschen Geschichte wieder.


Niemals??? Das kann niemand beurteilen. Wer den 40. Geburtstag der Republik damals vorbereitete, der hat auch gedacht, dass niemals die DDR so klanglos untergeht, dass sich dagegen niemand zur Wehr setzt, schon gar nicht, dass in 12 Monaten die Wiedervereinigung bereits gelaufen war.
Das geht eigentlich nur mit einem Staat, der kein Volk mehr hinter sich hat...und einer Marionetten-Führung, die ohne Führung durch die russischen Fäden gar nicht wusste, was zu tun war.

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Edelknabe » 11. März 2013, 18:29

Das mit den "Niemals unblutig wieder" siehe grundlegende gesellschaftliche Ümwälzungen im schönen Deutschland Jörg, da kannst du den Rainer zu Lebzeiten beim Wort nehmen. Wenn ich verliere bezahle ich schonmal deine persönlichen Kosten (Übernachtung, Trinken, Essen) bei einem der nach dem unblutigen Umsturz von mir organisiertem Forentreffen. Kopier dir den Text, damit er nicht verlorengeht, ich steh zu meinem Wort.

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon pentium » 11. März 2013, 18:38

Rainer-Maria!
Könntest du das etwas näher erläutern? Ich hab da Probleme, diesen Zusammenhang so zu begreifen.

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Edelknabe » 12. März 2013, 07:48

Na ja Pentium, ich persönlich meine, die kommenden gesellschaftlichen Umwälzungen in Deutschland (irgendwann in der Zukunft) werden nicht unblutig verlaufen. Jörg meint genau das Gegenteil, also es würde alles ähnlich der Wende kommen, sozusagen friedlich. Wenn wir also zu Lebzeiten dies noch erleben, der Jörg und ich und meine Behauptung trifft nicht ein, dann habe ich verloren...siehe meinen Vortext.

Mein Schwiegervater meinte einmal vor langer Zeit...eben noch zu seinen Lebzeiten." Das heutige Kapital und seine gekauften Politfritzen werden mit Hilfe des Miltär ihr Eigentum verteidigen auf Teufel komm heraus. Und sowas geht nicht unblutig ab, niemals."

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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon Sirius » 12. März 2013, 09:20

Edelknabe hat geschrieben:Na ja Pentium, ich persönlich meine, die kommenden gesellschaftlichen Umwälzungen in Deutschland (irgendwann in der Zukunft) werden nicht unblutig verlaufen. Jörg meint genau das Gegenteil, also es würde alles ähnlich der Wende kommen, sozusagen friedlich. Wenn wir also zu Lebzeiten dies noch erleben, der Jörg und ich und meine Behauptung trifft nicht ein, dann habe ich verloren...siehe meinen Vortext.

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Besaß der die berühmte Glaskugel? Gratulation! Geh´doch mal hin und schaue, ob Du die noch irgendwo findest - so wegen der Lottozahlen in den nächsten Wochen. [flash] Aber jetzt im Ernst, ich wage nicht irgendwelche Prognosen für die Zukunft, ob das blutig oder unblutig wird. Angesichts des ausgeprägten Untertanengeists der Deutschen könnte man die Wahrscheinlichkeit(!) für einen unblutigen Verlauf aber eher für größer halten, mehr aber auch nicht. Für eine Prognose reicht das nicht. Das es wirtschaftlich tendenziell eher schlechter wird, Rentenhöhe u.s.w., ist auch nur eine vage Vermutung die auf Wahrscheinlichkeiten beruht. Aber wissen tut man es nicht, man wagt es auch nicht zu prognostizieren. Seit 1989 ist eben die Gewissheit weg, dass man irgend etwas vorhersehen kann.

Um zum Thema 1953 zu kommen, die Regierung hätte sich ja einer freien Wahl stellen können, das wäre die "sauberste" Lösung gewesen. Ich weiß, das das damals unrealistisch war, das wäre aber die beste Lösung gewesen. Wenn die Macht eines Staates auf den "Bajonetten" einer ausländischen Besatzungsmacht beruht, und nicht durch die Legitimation durch die Bevölkerung oder einer Mehrheit an Anhängern in der Bevölkerung, dann hing die Existenz eines solchen Staates in der Geschichte eben oft - nicht immer - von dem Willen dieser Besatzungsmacht ab, diesen Staat weiter zu stützen.
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Re: War der 17. Juni 1953 eine Erhebung oder eine Revolution?

Beitragvon augenzeuge » 12. März 2013, 17:55

Edelknabe hat geschrieben:Na ja Pentium, ich persönlich meine, die kommenden gesellschaftlichen Umwälzungen in Deutschland (irgendwann in der Zukunft) werden nicht unblutig verlaufen. Jörg meint genau das Gegenteil....
Rainer-Maria


Nee, das habe ich nicht gesagt. Ich sagte nur, man sollte nicht niemals sagen. Ich sehe eine Möglichkeit, dass es auch friedlich verlaufen könnte.

Dein Schwiegervater ahnte sicher auch nicht, wie schnell es mal mit der DDR zu Ende ging...oder? Der Spruch "...mit Hilfe des Militärs..." ist sowas von daneben...eben volles DDR-Geschichtsbewusstsein.....da fällt mir gar nichts mehr ein.
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