Grenzertagebuch 12Vor uns liegen die letzten ca. 6 km des SiA 8 und noch immer stehen wir am PoP 128. Direkt am Kolonnenweg steht ein kleiner Bunker, der hin und wieder vom dort handelnden Posten oder auch von einem Grenzaufklärer mit spezieller Fototechnik benutzt wird, um den bitterbösen Klassenfeind auf Zelluloid zu bannen.
Im Herbst des Jahres 1982 wird es hier zu einem Vorfall kommen, der nicht unerhebliche Konsequenzen für den eingesetzten Postenführer haben wird.
Er wird den Befehl erhalten, im Bunker Stellung zu beziehen und das gegnerische Gelände aufzuklären.
Seine Dienstzeit hat er bis dato ordentlich über die Bühne gebracht, aber in eben jener Spätschicht werden ihm seine Hormone einen Streich spielen und er selbst wird sich extremst darüber ärgern.
Direkt am Schlagbaum werden sich in den Nachmittagsstunden des herrlich sonnigen Altweibersommers 1982 zwei ganz und gar nicht alte sondern junge und auch noch ausnehmend hübsche und sehr gut gebaute junge Frauen sonnen.
Und auch wenn mancher meinen sollte, dass man im Westen etwas verklemmter als im Osten sei, so strafen eben diese beiden jungen Frauen den Behaupter dieser Aussagen Lügen, indem sie sich dort entblättern und sich so geben, wie sie einst auf die Welt gekommen sind.
Natürlich haben sie mittlerweile am vorderen Oberkörper jeweils 2 Beulen bekommen, auf die man(n) natürlich gern schaut. Der Bunker wird für den handelnden Posten offenbar zu eng (........................ kurzes Nachdenken bitte ... denn manch einer braucht ne Weile, um dieses Späßchen sofort zu verstehen .................................) und mit seinem Bandmaß, das ca. noch einen halben Meter misst, klettert er auf den Bunker, ruft beide Mädchen an, freut sich und winkt wie besessen ... und kann das Klicken der Fotoapparate auf westlicher Seite nicht hören. Offenbar hat man "drüben" genau auf solch einen Moment gewartet!
Freundlich, wie junge (für dieses Späßchen offenbar auch bezahlte) Mädchen nun mal sind, winken sie zurück und zwischen den Dreien kommt es zum kurzen Wortwechsel, der jedoch nicht näher dokumentiert wird.
Wie akrobatisch und gestenreich sich jener Postenführer/Gefreite auf dem Bunker verhalten hat, wird er sich wenige Tage später mit eigenen Augen im Bataillonsstab anschauen können. Es sollen erstklassige Fotos gewesen sein, die ihn einige Tage gesiebte Luft und Nachdienen im Regimentsstab kosten werden.
In freundwärtiger Richtung befindet sich der sogenannte Dreibock. So nennt sich eine Wegegabelung, an der der hier eingesetzte, ständige Posten oft den LO abzustellen hat.
In 2 Jahren werde ich mit meinem Nachfolger hier in einer letzten Nachtschicht ein solches Abenteuer in mannshohen Brennnesseln (schreibt man tatsächlich mit 3x n) beim sogenannten "Postenklatsch" (Kontrolle der eingesetzten Posten in der Nachtschicht) erleben, bei dem er mir in der letzten Minute meines Abschiedes gestehen wird, dass er sich dabei vor Angst ein wenig in die Hosen gemacht hat.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass dies kein Grenzerlatein ist, sondern dass es sich wirklich so zugetragen hat.
Unsere Fahrt setzt sich fort und wir durchqueren die Teufelsschlucht. Woher der Name stammt, entzieht sich meiner Kenntnis.
Nach einem schweren Unwetter werde ich hier einige Monate später eine Mine auf dem Kolonnenweg sehen, die es aus der Minensperre heraus gespült hat und die mich zum Nachdenken bringen wird. Sie sieht aus wie eine Schuhcremedose.
Der Ehrlichkeit halber sei hier zugegeben, dass nicht ich sie gesehen habe sondern mein LO-Kraftfahrer, der ein sehr guter Fahrer und ebenso guter Posten und später auch überaus verlässlicher Postenführer war. Steffen B. aus Lunzenau.
Vor uns erhebt sich wieder ein steiler Berg, der jedoch nur kurz ist. Gleich darauf biegt unser LO nach links ab und hält vor einer Bretterbude, die aussieht, als hätte man sie vom letzten Weihnachtsmarkt versehentlich in den Abschnitt gebracht.
Noch ahne ich nicht, dass dies die alte Führungsstelle des SiA 8 ist, die man hier liebevoll "Bockwurstbude" nennt und in der ich nachts meine 2. Schicht als Kommandeur des Sicherungsabschnittes (K-SiA) erleben werde und dir mir unheimlich werden wird ...