SPIEGEL ONLINE - DER SPIEGEL 16/1962
CLAY Zurück zu den Konserven"Ich bleibe in Berlin, solange Präsident Kennedy und die Berliner mich brauchen".
General Lucius D. Clay im September 1961.
Ein Amerikaner in Berlin wurde das erste Opfer der sich anbahnenden sowjetisch-
amerikanischen Verständigung im Konflikt um die deutsche Hauptstadt:
General Lucius D. Clay.
Der Veteran des Kalten Krieges, den Amerikas Präsident Kennedy nach Ulbrichts Richtfest am 13. August (1961) als ersten US-Reservisten mobilgemacht hatte, wurde nun auch als erster US-Reservist wieder demobilisiert.
Und so, wie die Einberufung des pensionierten Generals das Signal zum militärischen Aufmarsch Amerikas gab, so ist seine Entlassung das bisher sichtbarste Anzeichen einer Entspannung.
Als Ed Murrow, der Leiter der US-Auslandspropaganda, nach dem 13. August den Beratern Willy Brandts in
Berlin die Frage stellte, wie Amerika den durch den Mauerbau mutlos gewordenen West-Berlinern neue
Hoffnung einflößen könne, kam die Antwort: "Schickt uns Clay."
Clay kam. Am 20. August fuhr er zusammen mit dem US-Vizepräsidenten Landon B. Johnson im Triumphzug
durch Berlin (West). Den Feldherrn im Ruhestand übermannte die Rührung: Mit Tränen in den Augen blickte
er auf die Menge vor dem Schöneberger Rathaus, die von ihm, dem Helden der Luftbrücke und Retter
Berlins, ein neues Wunder erwartete.
Von Clays Wirkung beeindruckt, entschloß sich John F. Kennedy, das pensionierte Sinnbild verflossener
amerikanischer Überlegenheit im Ost-West-Konflikt von der größten amerikanischen Konservendosen-
Fabrik, Continental Can Company, im Interesse der Nation auszuleihen. Der General bezog im Gebäude
der US-Mission an der zur Erinnerung an seine Blockade-Taten nach ihm benannten Clay-Allee in Dahlem Quartier.
Seine Aufgabe war im wesentlichen darauf beschränkt, den Mythos lebendig zu erhalten, den die Berliner
mit seinem Namen verknüpften.
Schon wenige Stunden nach der Begrüßung auf dem Flughafen Tempelhof durch 19 Salutschüsse aus
US-Haubitzen begann der General die moralische Aufrüstung: Zu Fuß passierte er, Gattin Marjorie mit
Nerzstola am Arm, den Ausländerübergang Friedrichstraße und spazierte unbehelligt von Volkspolizisten
einige Schritte in Walter Ulbrichts triste DDR-Metropole hinein.
In West-Berlin wurde der nächtliche Ausflug als Beweis dafür gewertet, daß Washington gewillt sei, da
alliierte Recht auf den Zugang zu allen Sektoren entschlossen zu verteidigen. Tatsächlich war Clay dazu
entschlossen; Washington aber nicht, wie sich bald herausstellen sollte.
....hier kann man weiterlesen:
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45139760.htmlUnd als ZEIT ONLINE -
Lucius D. Clay - Symbol für BerlinDer Vater der Luftbrücke ist an die Spree zurückgekehrt - vom 15. September 1961
https://www.zeit.de/1961/38/lucius-d-clayW. T.