Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon Bahndamm 68 » 23. September 2020, 10:36

Auch ich bin gespannt auf, dass was noch kommen wird. Meine Frau schüttelt mit dem Kopf, aber nicht wegen Altersschwäche, sondern, dass ich einfach diese unmenschliche Grenze nicht abschalten kann.
Es ist aber das Erlebte, was hat die Grenze mit jedem Einzelnen angestellt.
Ich ziehe meine Vergleiche von meinen ersten Stunden an der Grenze, mit einer festen Absicht und mit dem, was ich hier von OaZ lesen konnten. Unterschiedlicher können die Geschichten, die Aufgaben mit oder an der Grenze nicht sein.
Dies noch besser zu untermauern, wäre auch ein persönliches Kennenlernen.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 23. September 2020, 12:25

Grenzertagebuch 25 B

Die Verbindung zum K-GSi steht (theoretisch) dreifach. Einerseits zwei Drahtverbindungen (beide waren hier wie beschrieben erfolglos) die dritte (meist nur theoretische) Verbindung ist der Funk, der in der Rhön jedoch so gut wie nie funktioniert.

Ob der K-GSi gerade kacken war oder mit den Küchenfrauen des Stabes geflirtet hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls hat er nicht geantwortet und seinen K-SiA 7 in dieser ausgesprochen brenzligen Situation hängen lassen.

Brähler jedoch weiß von alledem nichts und für ihn ist die Welt in Ordnung. Er kümmert sich um seine Kühe.
Nach wenigen Minuten scheint er seine Arbeit beendet zu haben. Er schaut zur Füst nach oben, hebt zum Gruß seine Hand und nähert sich wieder dem Tor 27, das er nicht verschlossen sondern nur angelehnt (!) hat. Für ihn ist das in etwa so, als wenn er durch eine ganz normale Pforte auf die Weide zu seinen Kühen geht. Dass es sich hierbei um ein strengstens abgesperrtes militärisches Sperrgebiet handelt, interessiert ihn in etwa so, wie seinerzeit mich die Wasserstandsmeldungen der Moldau 30 km vor Prag.

Ich sehe ihn mit einem Zweig, der wohl aus eben diesem Grund schon eine Weile herum liegt, seine Spuren verwedeln und dann von außen das Tor verschließen.
Er steckt seinen Hörer wieder in die Buchse und meldet (fast militärisch korrekt), dass er das Tor wieder verschlossen habe und auch seine Spuren verwischt hat.
Er verabschiedet sich und trottet Richtung Apfelbach.

Ich sitze da und weiß nicht, ob ich träume.
Soeben war ein nicht angemeldeter Zivilist im Abschnitt, der neben einem GMN-Hörer auch noch einen Schlüssel für das Tor zum Abschnitt hat und der letztlich alles ebenso macht, wie es ein Grenzer tut, der rein oder raus will. Lediglich die Torzahl (den Geheimcode) kennt er nicht.

Trotz dieser echten Stress-Situation (ich verwende auch 1982 das Wort Stress wirklich nur dann, wenn es Stress ist, ich verwende es nicht umgangssprachlich) muss ich plötzlich lachen und den Kopf schütteln. Ich fasse es nicht!
Wieder einmal erfahre ich, welch unbedeutender Unterschied zwischen Theorie und Praxis besteht.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon augenzeuge » 23. September 2020, 12:38

OaZ hat geschrieben:Grenzertagebuch 25 B

Die Verbindung zum K-GSi steht (theoretisch) dreifach. Einerseits zwei Drahtverbindungen (beide waren hier wie beschrieben erfolglos) die dritte (meist nur theoretische) Verbindung ist der Funk, der in der Rhön jedoch so gut wie nie funktioniert.



Mir ist es unerklärlich, dass es hier keine Vertretung gibt, keinen gibt, der im Büro dort erreichbar ist. Wieso war das denn ungeregelt?

Konnte der K nicht sehen, dass du ihn mehrfach versucht hast zu kontaktieren?

Da gibts einen Signalzaun, bei Berührung kann man den Ort lokalisieren, aber das geht nicht? Vielleicht hättest du einfach ne Signalpistole abschießen sollen, einer hätte sich bei dir schon gemeldet, und der Bauer hätte gestoppt. [flash]

Es muss doch mal mit diesen (oder mehreren) Bauern eine Vereinbarung getroffen worden sein. Das ist doch ein Thema, was neuen Leuten mitgeteilt werden muss.

Da schweigen unsere selbst ernannten Militärprofis. Was sagen die denn dazu?

Weißt du was ich getan hätte? Ich hätte darauf gepfiffen, dass ich da nicht runter darf. Ich wäre runter, hätte den zur Rede gestellt, ihm den Schlüssel des Tores bis zur Klärung abgenommen alles dicht gemacht.

Was wäre passiert, wenn du das so gemacht hättest?
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon Interessierter » 23. September 2020, 12:50

Zitat AZ:
Vielleicht hättest du einfach ne Signalpistole abschießen sollen, einer hätte sich bei dir schon gemeldet


Da bin ich mir aber gar nicht sicher. Wie man in den Fluchtgeschichten lesen kann, reagierte man nicht auf Leuchtkugeln und nicht einmal auf eine Minenexplosion.... [flash]
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon steffen52 » 23. September 2020, 13:25

augenzeuge hat geschrieben:
OaZ hat geschrieben:Grenzertagebuch 25 B

Die Verbindung zum K-GSi steht (theoretisch) dreifach. Einerseits zwei Drahtverbindungen (beide waren hier wie beschrieben erfolglos) die dritte (meist nur theoretische) Verbindung ist der Funk, der in der Rhön jedoch so gut wie nie funktioniert.



Mir ist es unerklärlich, dass es hier keine Vertretung gibt, keinen gibt, der im Büro dort erreichbar ist. Wieso war das denn ungeregelt?

Konnte der K nicht sehen, dass du ihn mehrfach versucht hast zu kontaktieren?

Da gibts einen Signalzaun, bei Berührung kann man den Ort lokalisieren, aber das geht nicht? Vielleicht hättest du einfach ne Signalpistole abschießen sollen, einer hätte sich bei dir schon gemeldet, und der Bauer hätte gestoppt. [flash]

Es muss doch mal mit diesen (oder mehreren) Bauern eine Vereinbarung getroffen worden sein. Das ist doch ein Thema, was neuen Leuten mitgeteilt werden muss.

Da schweigen unsere selbst ernannten Militärprofis. Was sagen die denn dazu?

Weißt du was ich getan hätte? Ich hätte darauf gepfiffen, dass ich da nicht runter darf. Ich wäre runter, hätte den zur Rede gestellt, ihm den Schlüssel des Tores bis zur Klärung abgenommen alles dicht gemacht.

Was wäre passiert, wenn du das so gemacht hättest?
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Da siehst Du mal , Jörg(AZ), das alles nicht so heiß gegessen wird wie man es kocht! Aber da gibt es ja hier im Forum Ungediente die wissen darüber viel besser Bescheid und versuchen schön nach alter Manier, alles in
Frage zu stellen. Da drüber kann man nur lächeln! Vor allem von Usern die hier so gut wie nie was beitragen! [shocked]
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon pentium » 23. September 2020, 13:40

augenzeuge hat geschrieben:
OaZ hat geschrieben:Grenzertagebuch 25 B

Die Verbindung zum K-GSi steht (theoretisch) dreifach. Einerseits zwei Drahtverbindungen (beide waren hier wie beschrieben erfolglos) die dritte (meist nur theoretische) Verbindung ist der Funk, der in der Rhön jedoch so gut wie nie funktioniert.



Mir ist es unerklärlich, dass es hier keine Vertretung gibt, keinen gibt, der im Büro dort erreichbar ist. Wieso war das denn ungeregelt?

Konnte der K nicht sehen, dass du ihn mehrfach versucht hast zu kontaktieren?

Da gibts einen Signalzaun, bei Berührung kann man den Ort lokalisieren, aber das geht nicht? Vielleicht hättest du einfach ne Signalpistole abschießen sollen, einer hätte sich bei dir schon gemeldet, und der Bauer hätte gestoppt. [flash]

Es muss doch mal mit diesen (oder mehreren) Bauern eine Vereinbarung getroffen worden sein. Das ist doch ein Thema, was neuen Leuten mitgeteilt werden muss.

Da schweigen unsere selbst ernannten Militärprofis. Was sagen die denn dazu?

Weißt du was ich getan hätte? Ich hätte darauf gepfiffen, dass ich da nicht runter darf. Ich wäre runter, hätte den zur Rede gestellt, ihm den Schlüssel des Tores bis zur Klärung abgenommen alles dicht gemacht.

Was wäre passiert, wenn du das so gemacht hättest?
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Ja klar wir schießen mal so mit der Signalpistole an der Grenze herum, wie wäre es mit drei Sterne rot...
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 23. September 2020, 13:50

augenzeuge hat geschrieben:
... Weißt du was ich getan hätte? Ich hätte darauf gepfiffen, dass ich da nicht runter darf. Ich wäre runter, hätte den zur Rede gestellt, ihm den Schlüssel des Tores bis zur Klärung abgenommen alles dicht gemacht.

Was wäre passiert, wenn du das so gemacht hättest?
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Wenn mich in diesem Moment der Kommandeur der Grenzsicherung im Bataillonsstab versucht hätte zu erreichen und ich nicht reagiert hätte, weil ich meinen befohlenen Postenbereich verlassen hätte, dann hätte man vielleicht vermutet, dass mir das Schicksal von Klaus-Peter Braun zugestoßen wäre (guckst du hier: https://www.fu-berlin.de/sites/fsed/Das ... index.html)
Außerdem hätte man mir Verstöße gegen geltende Befehle & Dienstanweisungen unterstellt.

Übrigens: Gegen die Rhönbauern waren die Grenztruppen weitestgehend "machtlos", wenn ich das mal so übertragen sagen darf.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 23. September 2020, 13:54

augenzeuge hat geschrieben:... 1) Vielleicht hättest du einfach ne Signalpistole abschießen sollen, einer hätte sich bei dir schon gemeldet, und der Bauer hätte gestoppt. [flash]

2) Es muss doch mal mit diesen (oder mehreren) Bauern eine Vereinbarung getroffen worden sein. Das ist doch ein Thema, was neuen Leuten mitgeteilt werden muss.

...
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1) Signalpistole gabs nicht. Das waren Handleuchtzeichen (im weitesten Sinne wie Silvesterraketen). Aber auch die gabs nur nachts. Und auch nicht immer. Ich war tagsüber dort. Außerdem war es August. Höchste Waldbrandstufe.
2) Theorie und Praxis ...
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 23. September 2020, 13:56

pentium hat geschrieben:Ja klar wir schießen mal so mit der Signalpistole an der Grenze herum, wie wäre es mit drei Sterne rot...


Wieso? Die Frage war doch nicht unberechtigt. Wer nicht an der Grenze war, kann das doch nicht wissen. Für mich völlig legitime Frage.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon augenzeuge » 23. September 2020, 13:58

Wenn mich in diesem Moment der Kommandeur der Grenzsicherung im Bataillonsstab versucht hätte zu erreichen und ich nicht reagiert hätte, weil ich meinen befohlenen Postenbereich verlassen hätte, dann 


Der hat seinen Bereich zuerst verlassen. Und du standest wegen unzureichender Unterweisung vor einem akuten Problem. Dann muss das möglich sein.

Wenn der Bauer das Tor aufgemacht hätte und 10 Leute drängen mit durch, hättest du dem K das ebenso erzählt? Oder gehandelt?

Sorry, ich war schon immer so. [flash]

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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon pentium » 23. September 2020, 14:00

OaZ hat geschrieben:
pentium hat geschrieben:Ja klar wir schießen mal so mit der Signalpistole an der Grenze herum, wie wäre es mit drei Sterne rot...


Wieso? Die Frage war doch nicht unberechtigt. Wer nicht an der Grenze war, kann das doch nicht wissen. Für mich völlig legitime Frage.


Ja ich vergaß....
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 23. September 2020, 14:04

augenzeuge hat geschrieben:
Wenn mich in diesem Moment der Kommandeur der Grenzsicherung im Bataillonsstab versucht hätte zu erreichen und ich nicht reagiert hätte, weil ich meinen befohlenen Postenbereich verlassen hätte, dann 


1) Der hat seinen Bereich zuerst verlassen. Und du standest wegen unzureichender Unterweisung vor einem akuten Problem. Dann muss das möglich sein.

2) Wenn der Bauer das Tor aufgemacht hätte und 10 Leute drängen mit durch, hättest du dem K das ebenso erzählt? Oder gehandelt?

Sorry, ich war schon immer so. [flash]

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1) Das weiß ich doch nicht. Es kann ja auch ne technische Störung gewesen sein (hätte man vielleicht gesagt).
Oder in einem der anderen SiA 5, 6 oder 8 (für die er ja auch verantwortlich war) hätte es eine wichtige Lage gegeben. Außerdem war er mein Vorgesetzter und ich ihm in der Befehlskette unterstellt.

2) gehandelt
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon Kumpel » 23. September 2020, 14:21

Der Anton Brähler scheint alles Andere als ein normaler Kuhbauer gewesen zu sein.
Wie ist der denn eigentlich da hin gekommen? War das in unmittelbarer Orts nähe oder konnte der mit einem Kfz nach Lust und Laune in den Schutzstreifen fahren?
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 23. September 2020, 14:27

Er lebte in Apfelbach. Apfelbach gehört zum Grenzgebiet, allerdings noch nicht zum Schutzstreifen. Der Schutzstreifen war hier mit dem Sicherungsabschnitt SiA identisch und begann am Grenzsignalzaun (dem hinteren Zaun). Er war normaler Bauer.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon Kumpel » 23. September 2020, 14:32

Jetzt komm OaZ und spann die Leute mal nicht so auf die Folter.
Irgend was muss diesen Mann ja befähigt haben über einen Höhrer und den Schlüssel für das Tor zu verfügen um da einfach alleine reinlatschen zu können.
Normal war das wohl eher nicht , deshalb mein nicht normaler Bauer.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 23. September 2020, 14:39

Grenzertagebuch 25 C

... Einige Minuten später meldet sich der Kommandeur der Grenzsicherung K-GSi von allein. Er sah, dass ich etwas melden wollte.
Ich melde den Vorfall, er nimmt ihn offenbar ganz gelassen zur Kenntnis und meint, es wäre alles gut. Kein Wort der Erklärung. War für ihn völlig normal.

Ich bin immer noch sprachlos, diesmal jedoch wegen der Reaktion des K-GSi.

Später erfahre ich, dass Anton Brähler FHG (freiwilliger Helfer der GT) ist und schon allein aus diesem Grund wie alle FHG einen GMN-Hörer besitzt. Erfahrene K-SiA aus meiner Kompanie schmunzeln, als ich ihnen später voller Aufregung mein Erlebnis erzähle. Ihnen ists nicht gänzlich unbekannt.
Ich habe wieder mal verdammt viel gelernt ... draußen am Kanten ... in der wahren Realität!

Ansonsten verläuft meine erste Schicht als K-SiA tatsächlich "Otto Viktor" ... wenn man vom eben Erlebten absieht.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon Zicke » 23. September 2020, 14:39

OaZ hat doch geschrieben, die Rhönbauern waren anders, zu meiner Zeit 70/72 gab es zwischen Langenwinden und Walkes, einige solcher "Urviecher". Ich erinnere mich da noch an Bauer Fuß oder Bauer Oswald.
Menschen, die keinen Arsch in der Hose haben, müssen nicht zwangsläufig schlank sein.

Meine Rechtschreibfehler könnt Ihr Samstags ab 17 Uhr bei Rewe gegen eine lecker Senfgurke tauschen.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon Kumpel » 23. September 2020, 14:46

Okay , mit dem Grenzhelfer und dem Höhrer das leuchtet ein , aber mit dem Schlüssel und als Grenzhelfer müsste er eigentlich gewusst haben wie das Prozedere ist.
Eigentlich unverantwortlich wenn selbst du als Offizier nicht bescheid wusstest , hätte der sich von einem 20 jährigen GWDler auch mal eine Mumpel einfangen können.
Ich vermute , der hatte noch ganz andere Aufgaben als den Kühen an die Titten zu grapschen.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 23. September 2020, 17:20

Grenzertagebuch 25 D

... 2010 zieht es mich wieder in die Rhön und ich zeige meiner Freundin diese Stelle, von der ich eben schrieb. Auf dem Weg, der seinerzeit vom Tor 27 zur alten Füst, dem späteren B-Turm (Postenpunkt 83), der inzwischen längst abgerissen wurde, führt, bleiben wir stehen und steigen aus dem Auto aus.
Die Natur hat sich längst alles zurückerobert, was die deutsche Teilung ihr einst angetan hat. Nur noch vereinzelt weisen vor sich hinrottende Kolonnenwegplatten darauf hin, dass hier einmal die Welt geteilt war.

Und im Leben passieren manchmal merkwürdige Dinge.
Es kommt uns ein Mann im mittleren Alter entgegen, der seinen Hund ausführt. Er sieht das ortsfremde Kennzeichen meines Autos und fragt freundlich, ob er helfen könne. Er vermutet, ich hätte mich verfahren.
Ich erzähle ihm, dass ich hier in der Rhön gedient habe und erzähle u.a. von meinen Erlebnissen mit Anton Brähler (er wird ja noch regelmäßig zu seinen Kühen kommen) und frage ihn, ob Anton Brähler noch lebt. Und der freundliche Rhöni antwortet: "Nein, mein Schwiegervater ist bereits 1996 verstorben."

Wir müssen plötzlich alle drei schmunzeln ... Er stammt aus Neuswarts, hat nach der Einheit Brählers Tochter geheiratet und wohnt nun mit ihr dort im Hessischen (nur 1-2 km von der Grenze entfernt). Täglich überschreitet er beim Gassi gehen die Linie, die nun ganz und gar nichts Angsteinflößendes mehr hat ...

Wir steigen wieder ein und fahren nach Tann.
Der am Markt ansässige Fleischer hat verdammt gute Blut- und Leberwurst ...





(Ach ja ... wer möchte, guckt hier: https://www.myheritage.de/names/anton_br%C3%A4hler ... nach unten scrollen. Anton Brähler kommt als Nr. 3. Er war also zum Zeitpunkt des Vorfalls 46 Jahre alt. Ich hatte ihn deutlich älter geschätzt.)
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon Kumpel » 23. September 2020, 17:24

Trotzdem frage ich mich warum der Anton Brähler sowas durfte und andere nicht.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 23. September 2020, 17:33

Die Frage ist sicher nicht unberechtigt. Es wurde allerdings nie darüber gesprochen. Es war wohl so etwas wie Gewohnheitsrecht. Als FHG genoss er das Vertrauen der Entscheider. Er hatte in Apfelbach einen Hof. Seit Generationen (siehe Link oben). Manchmal kamen ja Leute zum Arbeiten in den Abschnitt (Bauern, Waldarbeiter, Mitarbeiter der Wasserwerke). Die wurden allerdings alle begleitet (man nannte das "sichern"). Vielleicht meinte man auch, dass man den Brähler ja von der Füst aus im Blick hatte. Und man traute ihm nicht zu, in den Westen zu wollen. Er war auch gehbehindert.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon Kumpel » 23. September 2020, 18:37

Das es so etwas gab wie Gewohnheitsrecht , in einem System in dem nichts zur Gewohnheit werden sollte ist erstaunlich.
Aber irgendwie hatte der Anton B. doch so eine anarchische Ader , sonst hätte er sich ja den Vorschriften unterworfen. Oder durftest du alleine das Tor aufmachen und da rein gehen?
Oder hast du das noch öfters erlebt?
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 23. September 2020, 20:42

Die landwirtschaftlichen Flächen im SiA wurden ja genutzt. Zumeist durch die LPG. Und im Nebenerwerb hatten alle Bauern noch ihre privaten Viehcher. Das war in der DDR so Usus. Und vielleicht gehörte seiner Familie früher das Land, was dann später zum SiA gehörte. Ist nur ne Vermutung von mir. Hat mich damals ehrlich gesagt auch nicht interessiert. Es gab zu DDR-Zeiten dinge, die passten einfach nicht in das System und waren so unwirklich aus heutiger Sicht. Die Geschichte mit Brähler und seinem eigenmächtigen und von den GT-Oberen gedulden Handeln gehört dazu.

Steffen52 hat ja auch Dinge erlebt, die heute nur schwer vorstellbar sind.
Und in der DDR gab es eben nichts, was nicht möglich war. Auch wenns heute manchmal merkwürdig klingt.

Allein ein Einlasstor passieren, war theoretisch unmöglich. Und dennoch gabs auch hier Ausnahmen.
Wenn die Grenzaufklärer mit ihrer schweren Foto- und Beobachtungstechnik den Westen auskundschafteten, so durften die auch allein vom Tor bis zum B-Turm auf ihren Motorrädern fahren. Ich wollte z.B. den einen mal nicht allein durch den Abschnitt fahren lassen, habe es ihm am Tor untersagt. Er war verständnisvoll und bat mich, beim Vorgesetzten nachzufragen. Dieser gestattete es dann. So war er minutenlang völlig allein mit seiner TS 250 im Abschnitt. Und das nicht nur einmal.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon Olaf Sch. » 24. September 2020, 07:56

manchmal hatten solche Bauern auch Beziehungen nach ganz oben.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 24. September 2020, 09:43

Davon ist mir nichts bekannt.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon Volker Zottmann » 24. September 2020, 10:45

OaZ hat geschrieben:Steffen52 hat ja auch Dinge erlebt, die heute nur schwer vorstellbar sind.
Und in der DDR gab es eben nichts, was nicht möglich war. Auch wenns heute manchmal merkwürdig klingt.



Diesen Satz finde ich besondes bemerkenswert. Ist auch meine Meinung schon immer.
Hoffentlich verinnern den mal all Jene, die hier ständig an berichtenden Usern und ihren Erlebnissen rumnörgeln. Klappe halten ist dabei oft förderlicher.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 25. September 2020, 21:18

Zicke hat geschrieben:OaZ hat doch geschrieben, die Rhönbauern waren anders, zu meiner Zeit 70/72 gab es zwischen Langenwinden und Walkes, einige solcher "Urviecher". Ich erinnere mich da noch an Bauer Fuß oder Bauer Oswald.


Ganze Dynastien waren auch Trabert und Vogelsang.
Alles Inzucht, wie böse Zungen behaupteten. [flash] ... Wenn wir die Listen bekamen, wer aufgrund von genehmigten Land- oder Forstarbeiten in den Abschnitt durfte, mussten die ja (zumindest theoretisch) am Tor alle einzeln kontrolliert werden, ob sie diejenigen, die auf der Liste standen, auch waren. Und wenn bspw. ca. 12 Arbeiter reindurften und davon 7-10 Trabert oder Vogelsang hießen, kann man sich sicher vorstellen, wie kompliziert die Kontrollen verlaufen konnten. Ein Erlebnis dazu schreibe ich vielleicht später mal.

Interessant nebenbei war der Umstand, dass ein Trabert aus Motzlar (Grenzgebiet) an der OHS der GT in Plauen (später Suhl) studierte und nach Abschluss seines Studiums tatsächlich ins GR-3 nach Geisa (nur ca. 3 km von Motzlar entfernt) in die 7. GK als Zugführer kam. Guter Mann übrigens ... fachlich versiert und von Beginn an mit wichtigen Orts- und "Insider"kenntnissen und beliebt bei allen.
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon steffen52 » 25. September 2020, 22:11

OaZ hat geschrieben:
Ganze Dynastien waren auch Trabert und Vogelsang.
Alles Inzucht, wie böse Zungen behaupteten. [flash] ...

Also ich kann mich erinnern das der Pfarrer von der Kanzel gesagt hat( wurde mir erzählt) das er froh ist das durch die Grenzer frisches Blut in die Gemeinde kommt. Wie wird er das wohl gemeint haben!!!!!!!! [wink]
Gruß steffen52
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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon augenzeuge » 26. September 2020, 10:27

steffen52 hat geschrieben:
OaZ hat geschrieben:
Ganze Dynastien waren auch Trabert und Vogelsang.
Alles Inzucht, wie böse Zungen behaupteten. [flash] ...

Also ich kann mich erinnern das der Pfarrer von der Kanzel gesagt hat( wurde mir erzählt) das er froh ist das durch die Grenzer frisches Blut in die Gemeinde kommt. Wie wird er das wohl gemeint haben!!!!!!!! [wink]
Gruß steffen52


Es ist nun mal früher so gewesen, dass besonders in den ländlichen Bereichen bestimmte Namen exponentiell häufig aufgetreten sind. Kurz, die Leute hatten viele Kinder, welche sich einen Job in der Umgebung gesucht haben und Familien gegründet haben.

Ich habe das zumindest auch in meiner jetzigen Umgebung festgestellt. Das heißt der Elektriker ebenso wie der Maler, der Zahnarzt, der Pfarrer... [flash]
Allerdings setzt durch Hinzugezogene, dem beruflichen Wandel mit seiner erforderlich gewordenen Flexibilität (keiner bleibt heute in dem Unternehmen, in welchem er mit 14/16 angefangen hatte bis zur Rente..), seit Jahren eine Änderung ein.

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Re: Grenzertagebuch, Dienstzeit OaZ, GR-3 Dermbach, Rhön

Beitragvon OaZ » 26. September 2020, 12:24

Ja, @Augenzeuge, das ist prinzipiell nicht falsch. Im Grenzgebiet kam für die jungen Leute erschwerend dazu, dass sie nicht so einfach jemanden kennenlernen konnten. Nicht jeder konnte ja bekanntermaßen ins Grenzgebiet gehen oder fahren. Und so heirateten sie sich oft untereinander.
Die Bauern waren eigentlich alle sehr wohlhabend, da gings auch darum, dass der Besitz in der Familie bleibt. Und wer im Grenzgebiet lebte, der hatte wohl auch (aus der Not heraus) insgesamt geringere Bedürfnisse als jemand, der bspw. in einer Großstadt in der DDR lebte.

Also so gänzlich falsch ist das mit der "Inzucht" auch nicht ... wenngleich es natürlich ein wenig übertrieben scheint.
Allerdings erzählte man sich auch (eher hinter vorgehaltener Hand), dass man auch nicht böse war, wenn sich ein Grenzer mit einer Dorfschönen vervielfätigt hatte.

Es gibt auch wenige Fälle, da sind Grenzer im Grenzdorf oder -ort (Geisa ist ja kein Dorf) geblieben und haben dort eingeheiratet.
Mir ist selbst ein Bsp. aus Geisa bekannt.
Wir lösten uns zu unseren fast identischen Dienstzeiten oft auf den Füst als K-SiA ab. Er war Uffz. in der 7. GK und ist wenige Monate nach mir entlassen worden. Als ich wenige Jahre später in Geisa zu Besuch war, liefen wir uns über den Weg. Ich erkannte ihn sofort und er erzählte mir, dass er schon seit einigen Jahren in Geisa wohnt. Er hatte eine Eingeborene geheiratet und lebte in Geisa mit ihr zusammen. Es war für ihn nicht so ganz einfach, denn das MfS sah in ehemaligen Grenzern aufgrund ihrer Posteneinsatz-, Orts- und Ablaufkenntnisse immer potenzielle Grenzverletzer.

Aber irgendwie hat er es eben geschafft.
Das letzte Mal habe ich ihn übrigens 2010 dort getroffen. Wir haben allerdings keinen direkten Kontakt.
OaZ
 
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