Einkauf von Fahrrad-Ersatzteilen endet tödlich

Einkauf von Fahrrad-Ersatzteilen endet tödlich

Beitragvon Interessierter » 9. März 2016, 11:46

Gerhard Ölze

Um Ersatzteile für ihre Fahrräder zu besorgen, überquerten Gerhard Ölze und sein Freund Gerhard Zöffzig des Öfteren die innerdeutsche Grenze. Ende Oktober 1950, auf dem Rückweg von West nach Ost fielen Schüsse auf der DDR-Seite, die den 24-jährigen Gerhard Ölze tödlich verletzten.
geboren am 26. Juni 1926 in Magdeburg (Sachsen-Anhalt)
erschossen am 27. Oktober 1950
Ort des Zwischenfalls: Walbeck, nahe Schwanefeld (Sachsen-Anhalt)


In der Mittagszeit des 27. Oktober 1950 traten die beiden Radsportler Gerhard Ölze und Gerhard Zöffzig ihren Rückweg über die Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen an. Schon oft waren sie im Westen, um ihrem Hobby, dem Radrennsport nachzugehen und an Radrennen teilzunehmen. Diesmal wollten sie allerdings nur Ersatzteile für ihre Räder und ein paar Lebensmittel besorgen. Nach erfolgreichen Einkäufen hatten sie ihre Rucksäcke vollgepackt und ihre Fahrräder mit Kisten beladen. Ein reger Schmuggelverkehr über die grüne Grenze gehörte zur damaligen Normalität. Die sowjetischen und deutschen Grenzposten ignorierten lange die „illegalen“ Grenzgänger oder sprachen allenfalls geringe Strafen aus. Diese Situation änderte sich jedoch nach der DDR-Gründung, die früher geduldeten Grenzübertritte wurden zunehmend riskanter. Auf der Westseite begegneten die Radfahrer einem Posten, der sie darauf hinwies, dass auf ostdeutscher Seite neue, möglicherweise strenger kontrollierende Grenzposten ihren Dienst aufgenommen hatten. Nach diesem Hinweis stiegen die jungen Männer von ihren Rädern und schoben sie entlang des Feldweges in Richtung Beendorf. Nachdem sie ein Waldstück durchquert hatten, beobachteten sie die Gegend besonders aufmerksam und hielten Ausschau nach Grenzposten.

Gegen 13.30 Uhr entdeckten die Grenzpolizisten des Kommandos Walbeck die beiden Radfahrer und forderten sie sogleich auf, stehen zu bleiben. Da sie dem nicht Folge leisteten, gaben die Grenzer mehrere Warnschüsse ab. Daraufhin schwangen sich die beiden Radfahrer wieder auf ihre Sättel und versuchten, entlang eines schmalen Feldweges in Richtung Beendorf zu entkommen. Berichten der Volkspolizei zufolge erhöhten die beiden ihre Geschwindigkeit und versuchten „in wilder Flucht“ zu entkommen. Die Grenzpolizisten eilten ihnen zu Fuß hinterher und gaben weitere Warnschüsse ab. Ihre Waffen waren mit jeweils vier Schuss geladen.

Bei einer Vernehmung in den 90er Jahren verwies der Angeklagte auf die „Instruktionen für die Grenzpolizeiorgane zum Schutz der Grenze und der Demarkationslinie der SBZ Deutschlands“. Er habe gemäß der Schusswaffengebrauchsbestimmung gehandelt. Da auf dem Nachbarabschnitt der Grenze keine weiteren Grenzstreifen auftauchten, habe er aus etwa 450 Metern Entfernung einen gezielten Schuss „ohne Visiereinstellung etwa einen Meter vor das Vorderrad des vorausfahrenden“ Gerhard Ölze abgegeben. Dabei habe er darauf vertraut, „den Radfahrer jedenfalls aus dieser Entfernung nicht mehr tödlich zu treffen“. Die Kugel traf jedoch. Von hinten getroffen stürzte Ölze vom Rad und blieb bewegungslos liegen. Gerhard Zöffzig fuhr weiter und entkam. Einer der Grenzpolizisten kümmerte sich um den Verletzten, während der andere einen Arzt aus Beendorf herbeiholte. Gerhard Ölze erlag noch am Unglücksort seinen schweren Verletzungen. Als der Arzt nach 20 Minuten eintraf, stellte er fest, dass Gerhard Ölze an inneren Verletzungen verblutet war. Man brachte den Toten in die Leichenhalle des Friedhofs nach Beendorf. Er hinterließ eine Verlobte. Seine Mutter reichte wiederholt eine Todesanzeige für ihren Sohn ein. Sie erhielt die Anzeige jedoch mehrfach zurück, weil darin das Wort Grenze nicht auftauchen sollte.

Das Landgericht Magdeburg sprach den Todesschützen am 25. Januar 1995 „wegen Eingreifen wirksamer Rechtfertigungsgründe“ frei. In der Begründung des Freispruches hieß es, für den damals 19-jährigen Volkspolizei-Wachtmeister Josef K., der erst seit einigen Monaten an der innerdeutschen Grenze seinen Dienst verrichtete, entfalle zwar grundsätzlich die rechtfertigende Wirkung der damals gültigen Schusswaffengebrauchsbestimmung. Jedoch habe eine objektiv erkennbare Gefahrenlage vorgelegen, weil sich die beiden Radfahrer anders verhalten hätten als die übrigen Grenzgänger. Da sie sich von West nach Ost bewegten, habe ihr Verhalten bei den Grenzpolizisten die begründete Vermutung ausgelöst, „dass ihre Flucht auch anders hätte motiviert sein können. Insoweit stehen der rechtfertigenden Wirkung der Schusswaffengebrauchsbestimmung für diesen konkreten Fall keine durchgreifenden Bedenken entgegen“. Es liege jedoch eine „fahrlässige Tötung im Rahmen der Grenzsicherung“ vor.

http://www.fu-berlin.de/sites/fsed/Das- ... index.html
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Re: Einkauf von Fahrrad-Ersatzteilen endet tödlich

Beitragvon ratata » 9. März 2016, 20:34

http://www.fu-berlin.de/sites/fsed/Das- ... index.html

Gerhard Zöffzig , da kennste den Menschen von 72 - 92 beruflich und nichts über die Geschehnisse von 1950 . ratata
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Re: Einkauf von Fahrrad-Ersatzteilen endet tödlich

Beitragvon Edelknabe » 10. März 2016, 08:36

Wenn ich das jetzt richtig lese ratata entkam dieser G.Zöffzig ohne jemals irgendwie später in Verdacht zu geraten, der zweite Mann gewesen zu sein. Also war sein Schweigen in der DDR (gegenüber Arbeitskollegen etc) nur ne ganz logische Handlung. Es müsste aber auch die Mutter seines toten Kumpel und die Verlobte dann recht dicht gehalten haben, denn man schrieb wohl von Freunden?

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