Seine Aktion fehlt auf der Liste der spektakulären Fluchten, die gewagt wurden, um von Deutschland nach Deutschland zu gelangen. Der Plauener Lutz DONNERHACK, Jahrgang 1954, wurde 1977 zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt, weil er mit einem selbstgebauten Flugzeug in die Freiheit fliegen wollte.Plauen - Viehpfleger müssen früh raus. Es war 04:00 morgens am 27. April des Jahres 1977 in Schönberg am Kapellenberg, als ein Trabant (XH 21 – 88), abgestellt am Rinderstall, die Aufmerksamkeit des braven Mannes weckte. Rasch war ein Fähnrich der Grenztruppen herbeitelefoniert.
Dieser kontrollierte den aus Richtung Grenze kommenden Lutz DONNERHACK, damals 23 Jahre alt, der angab, in die ČSSR fahren zu wollen. Im Trabi wurden „Konstruktionsunterlagen für einen Flugkörper“ gefunden. Fünf Monate später, am 22. September 1977, wurde Lutz DONNERHACK vom Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt „wegen Terror in Tateinheit mit versuchtem ungesetzlichen Grenzübertritt im schweren Fall und wegen Vorbereitung zum ungesetzlichen Grenzübertritt, jeweils in Tateinheit mit versuchter dauernder Entziehung der Ableistung des Wehrdienstes“ zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Erst im Oktober 1980 konnte er dann von der Bundesrepublik für 78.000,- DM freigekauft werden.
Am 27. Dezember 2012 ist Lutz DONNERHACK auf seinem Hof in Västergötland (Schweden) an einem Krebsleiden gestorben.Intensiv hat sich die Stasi mit den DONNERHACKs beschäftigt. So liegt ein „Auskunftsbericht der Kreisdienststelle Plauen des MfS, Referat Politische Untergrundtätigkeit (PUT)“ über Lutz DONNERHACK vor. Ihm ist zu entnehmen, daß er aus einer Angestelltenfamilie stamme. Sein Vater war der Direktor des Vogtländischen Kreismuseums in Plauen.
„Politisch undurchsichtig“Lutz DONNERHACK habe nach zehnjährigem Schulbesuch Stahlbauschlosser gelernt. Weil er aber im Metallleichtbaukombinat (MLK) nicht im Schichtdienst tätig sein wollte, habe er im VEB Plauener Spitze als Betriebsschlosser gearbeitet. Kritisch angemerkt wurde, daß man ihn „erst nach langer Überzeugungsarbeit eventuell für eine bestimmte Sache gewinnen“ könne. Er sei eigensinnig und mit „vielen Problemen unserer sozialistischen Gesellschaftsordnung nicht einverstanden“. Seine politische Einstellung sei undurchsichtig, er habe für den Staat nicht viel übrig. Er verkehre im Malzhaus-Club, „wo sich negativ-dekadente Jugendliche zusammenfinden“. Mitglied sei er in der FDJ, dem FDGB und der GST. Das war die Gesellschaft für Sport und Technik, wo sich Lutz DONNERHACK vor allem für das Segelfliegen begeisterte und wo er auch in seiner Freizeit als Fluglehrer tätig war. Nachzulesen ist außerdem, daß er „auf Grund der aktiven Westverbindungen seines Vaters“ im September 1975 für den Flugsport gesperrt wurde.
Sein Flugzeug für den Flug in den Westen hatte Lutz DONNERHACK in einer Garage gebaut, die sich auf einem Gartengrundstück an der Alten Stöckigter Straße befand. Er habe gegenüber Bekannten erklärt, daß er sich einen alten Pkw Wartburg aufbauen würde. Das Fluggerät war am 21. April 1977 fertig. Er wollte es bei günstigem Flugwetter, in Einzelteile zerlegt, mit einem Kleintransporter auf eine Wiese zwischen Kobitzschwalde und Straßberg transportieren und dort wieder zusammenbauen. Der Flug war zunächst Richtung Pirk geplant. Mit der alten (damals stillgelegten) Autobahn als Orientierung sollte es weiter in Richtung Hof gehen, wo er „nach den allgemein üblichen Regeln bei Sichtflugbedingungen“ landen wollte. Das war jedenfalls der Plan. Doch es kam alles ganz anders.
Von seinem Betrieb hatte sich Lutz DONNERHACK einen Kleintransporter geliehen. Damit fuhr er am 27. April 1977 gegen 01:00 zur Garage, um das Flugzeug aufzuladen. Dort wurde er von einer Motorradstreife der Volkspolizei kontrolliert. Natürlich zufällig, aber was mag das für eine innere Aufregung ausgelöst haben. Dann löste sich beim Aufladen die Handbremse des Transporters und er rollte weg. Dabei fiel der Flugkörper mit lautem Knall zu Boden. Auch wurde die Strebe des Fahrwerkes so stark verbogen, daß ein Start damit nicht mehr möglich war. Was tun? Lutz DONNERHACK fuhr nach Hause zurück, stieg in den Trabant seines Bruders Wolf und fuhr damit in Richtung Schönberg. Das weitere ist bekannt.
Hungerstreik, GeständnisNach seiner Inhaftierung legte Lutz DONNERHACK Haftbeschwerde ein, die natürlich abgelehnt wurde. Er trat in einen mehrtägigen Hungerstreik und verfaßte dann, im Glauben an eine baldige Abschiebung in die Bundesrepublik, ein Geständnis.Sein Flugzeug sollte nach eigenem Bekunden „klein, aber sicher und mit wenig Aufwand und unter Verwendung herkömmlicher Mittel und einem handelsüblichen Benzinmotor zu bauen sein“. Als Vorbild wählte er das belgische Sport- und Übungsflugzeug „Tippsy Nipper“, dessen Dreiseitenriß er in der Zeitschrift Fliegerrevue gefunden hatte. Systematisch und fachmännisch beschrieb Lutz DONNERHACK seine weitere Arbeit am Flugzeug. Trotz Mangelwirtschaft entstand durch Beziehungen, Käufe unter der Hand und hohes Improvisationstalent die Flugmaschine „LD – 1“.
Intensiv war Lutz DONNERHACK seit Herbst 1976 auf der Suche nach einem geeigneten Startplatz. Er fand ihn am Nordufer der Elster oberhalb von Straßberg. Um ein Kleinflugzeug zu starten, war der Platz „geradezu ideal“. Auf rund 500 Meter gab es auf dem Rasen keinerlei Hindernisse oder Löcher. Auch die Windverhältnisse hätten keine Probleme bereitet. Lutz DONNERHACK ging davon aus, daß er nach erfolgreichem Start „im Steigflug über der Grenze eine Höhe von 1000 m gehalten“ hätte, die ihm sicher genug erschien, „um nicht etwa von Grenzposten unter Feuer genommen zu werden“.
Lutz Donnerhack (rechts) mit seinem Bruder Wolf Donnerhack auf einem schwedischen Fliegerhorst ©privathttp://f3.webmart.de/f.cfm?id=2165073&r ... &t=3967831Das muss man sich einmal vor Augen führen: 6 Jahre Zuchthaus, für eine geplante und nicht durchgeführte Flucht.