Republikflucht

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Beitragvon Werner Thal » 19. Januar 2021, 15:07

Wer einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn behalten.
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Re: Republikflucht

Beitragvon augenzeuge » 19. Januar 2021, 15:13

Generalmajor Siegfried Gehlert, Leiter der Beziksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) in einer Beratung zum Vorkommnis an der Staatsgrenze West: „Was der Feind daraus ableitet, ist doch für uns alle klar. Der Pfaffe in Hohndorf will ja nur, dass die Weltöffentlichkeit von diesem Vorkommnis Kenntnis erlangt, da sich die Kirche mit den gegnerischen Kräften in solchen Fällen solidarisiert. […] Wenn zum Beispiel Löwenthal [ZDF] von dieser Sache Wind bekommt, ist er morgen mit einem Fernsehteam in Hohndorf und dann geht die Rakete los. […] Wir müssen die Eltern in Griff bekommen, sie müssen sich einverstanden erklären, daß der Sarg geschlossen bleibt. Wenn sich in Zukunft wieder so etwas abspielt, würden wir die Partei informieren und alles läuft dann ordentlich ab.“


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Re: Republikflucht

Beitragvon augenzeuge » 19. Januar 2021, 15:23

Werner Thal hat geschrieben:Republikflucht

https://utawegs.com/2016/07/06/republikflucht/

W. T.


Zitat aus Link
Doch was geschah nach einer gelungenen Flucht? War es tatsächlich so leicht, im anderen Teil Deutschlands Fuß zu fassen? Die Zahl von 400.000 freiwilligen Rückkehrern in den Jahren 1945-1989 spricht da vielleicht eine andere Sprache.

Und das ist Irreführung!

Die Fakten: Zwei Drittel der West-Ost-Übersiedler kamen als Rückkehrerinnen und Rückkehrer, sie hatten nach 1945 also schon in der SBZ/DDR gelebt; ein Drittel waren neu Zuziehende. Auffällig ist, dass viele Übersiedler wieder in die Bundesrepublik zurückkehrten. Von denen, die seit Anfang 1954 bis Mitte 1961 in die DDR gingen, verließen 40 Prozent das Land wieder.

Übrigens, 4Mio gingen den anderen Weg.

Nicht weniger interessant - im Blick auf heute...:
Die Kriminalitätsstatistik der DDR führte die Rück- und Zuwanderer als eigene Gruppe mit erhöhter Kriminalitätsrate auf. Dies lag nicht zuletzt daran, dass man diese Bevölkerungsgruppe strenger überwachte und auf diese Weise mehr Straftaten aktenkundig wurden. Bestimmte Delikte wie etwa vorherige Republikflucht konnten wiederum nur von Rückkehrern begangen worden sein.


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Re: Republikflucht

Beitragvon pentium » 19. Januar 2021, 15:30

augenzeuge hat geschrieben:
Generalmajor Siegfried Gehlert, Leiter der Beziksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) in einer Beratung zum Vorkommnis an der Staatsgrenze West: „Was der Feind daraus ableitet, ist doch für uns alle klar. Der Pfaffe in Hohndorf will ja nur, dass die Weltöffentlichkeit von diesem Vorkommnis Kenntnis erlangt, da sich die Kirche mit den gegnerischen Kräften in solchen Fällen solidarisiert. […] Wenn zum Beispiel Löwenthal [ZDF] von dieser Sache Wind bekommt, ist er morgen mit einem Fernsehteam in Hohndorf und dann geht die Rakete los. […] Wir müssen die Eltern in Griff bekommen, sie müssen sich einverstanden erklären, daß der Sarg geschlossen bleibt. Wenn sich in Zukunft wieder so etwas abspielt, würden wir die Partei informieren und alles läuft dann ordentlich ab.“


Nicht wundern, das war normale Argumentation und Kommunikation. [angst]
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Man muss hier schon mal etwas tiefer gehen:
André Rößler wuchs im erzgebirgischen Hohndorf bei Stollberg auf. Seine Eltern waren geschieden, er lebte bis Mai 1976 bei seiner Mutter und seinem Stiefvater. Zum leiblichen Vater hatte er keinen Kontakt. Vor Abschluss der 9. Klasse verließ er vorzeitig die Schule und begann eine Lehre als Textilfacharbeiter, die er abbrach. Zuletzt war er als Transportmitarbeiter in einem Steinkohlemahlwerk beschäftigt.

Als er im Frühjahr 1976 zur NVA eingezogen werden sollte, befürchtete er dort „kaputtzugehen”. Am 4. Mai trat er seinen Grundwehrdienst im Motorisierten Schützenregiment 22 Mühlhausen (4. Motorisierte Schützendivision) an. Am 4. September hatte der 19-Jährige Ausgang. Um 14.30 Uhr verließ er die Kaserne in Mühlhausen und fuhr nach Leinefelde. In dieser Kleinstadt, die nicht mehr zu seinem erlaubten Ausgangsbereich gehörte, hielt er sich zunächst einige Stunden in der HO-Gaststätte „Deutsches Haus” auf, wo er ein gebratenes Hähnchen aß und mehrere Glas Bier trank. Zeitweise befand sich ein Unteroffizier aus seiner Einheit, der sich ebenfalls unerlaubt in Leinefelde aufhielt, in Rößlers Gesellschaft. Rößler fragte zwei Gäste, mit denen er ins Gespräch kam, nach dem Weg ins 17 Kilometer entfernte Teistungen. Gegen 19 Uhr verließ er das Wirtshaus und erreichte auf unbekanntem Wege die im Grenzgebiet liegende Ortschaft. Gegen 22.40 Uhr wurde an einem Grenzsignalzaun optischer und akustischer Alarm ausgelöst. Etwa 50 Minuten später explodierten zwei Splitterminen der Anlage G 501 (Selbstschussautomaten). Grenzsoldaten fanden den Schwerverletzten ca. 350 Meter östlich der Grenzübergangsstelle Teistungen. Seine Bergung wurde gegen 0.35 Uhr abgeschlossen. André Rößler starb während der Fahrt in das Kreiskrankenhaus Worbis. Der Untersuchungsbericht des Staatssicherheitsdienstes erwähnte als Todesursache großflächige Brustverletzungen, innere Verletzungen und die Zerreißung der Hauptschlagader im Bereich des rechten Oberschenkels

Die versuchte Fahnenflucht und der Tod Rößlers wurden sowohl in seiner NVA-Einheit als auch in seinem Wohnort Hohndorf bekannt. Rößlers Eltern waren durch den Politstellvertreter des Wehrkreiskommandos Stollberg über die Fahnenflucht und den Tod ihres Sohnes an der Grenze unterrichtet worden. Das geschah, wie das MfS bemängelte, „entgegen allen operativen Gepflogenheiten”. Die MfS-Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt hielt es für „nicht vertretbar, bei derartigen Vorfällen die in Frage kommenden Verwandten sofort und umfassend vom tatsächlichen Sachverhalt zu informieren”. Zunächst müsse geprüft werden, „ob nicht mögliche Legendierungen gefunden und in Anwendung gebracht werden können, um feindlichen Ansichten vorbeugend zu begegnen”. Nach Informationen des MfS soll der evangelische Pfarrer von Hohndorf bei Rößlers Eltern Zweifel gesät haben, ob sich in dem Sarg tatsächlich ihr Sohn befände. Jugendliche im Heimatort hätten bereits eine eigene Trauerfeier abgehalten. Um „feindlichen Kräften” keine „Angriffsflächen für provokatorische Handlungen” zu bieten, trafen sich am 9. September 1976 Mitarbeiter mehrerer MfS-Diensteinheiten mit dem zuständigen Militärstaatsanwalt. Der veranlasste die Überführung von Rößlers Leichnam aus dem zentralen NVA-Lazarett Bad Saarow nach Stollberg. Mitarbeiter der pathologischen Abteilung des Wismut-Bergarbeiterkrankenhauses Stollberg/Niederdorf richteten die Leiche her und bahrten sie auf, damit die Eltern ihren Sohn eine Stunde vor der Beisetzung am Nachmittag des 10. September 1976 noch einmal sehen konnten. Trauerfeier und Beerdigung verliefen dann unter „operativen Absicherungsmaßnahmen” des MfS ohne Zwischenfälle. Seitens des MfS „wurde alles veranlasst, um Pfarrer Winkler keine Gelegenheit für provozierende Handlungen bzw. Äußerungen zu geben”.

Was den zurückhaltend auftretenden Soldaten letztlich zur Fahnenflucht trieb, geht aus den überlieferten Unterlagen nicht hervor. Die Staatssicherheit fand lediglich heraus, Rößler sei „kontaktarm” gewesen und „habe ständig Hilfe bei der Erfüllung militärischer Aufgaben benötigt”. In Rößlers Spind fand man einen Zettel mit einer Anschrift in Frankfurt am Main.

https://www.fu-berlin.de/sites/fsed/Das ... index.html

...
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: Republikflucht

Beitragvon Dr. 213 » 19. Januar 2021, 18:40

Auch hier wieder bei diesem technisch vorbereitetem Mord durch die Menschenzerfetzer- Automaten der SED- Diktatur,
es ist das Schlechte Gewissen der Täter und der der Wunsch nach bestmöglicher Vertuschung.

Und das mußte noch nicht einmal von Oben angeordnet werden, es passierte in der DDR- Diktatur von ganz alleine.
Von der Arbeiterin die den Sprengkörper zusammen gemixt hat, dem Pionier der den Trichter angeschraubt,
die Drähte angeschlossen hat, bis hin zum Grenzer auf dem Turm, der den Einschub in das Elekro- Rack eingeschoben hat.
Alle diese Mitwirkenden hatten jeder für sich ihren Anteil, wenn das Fleisch aus den zerfetzten Opfern gerissen wurde.
Pfui Deibel!

Mögen die Zerfetzten möglichst oft und jede Nacht in den Schlafzimmern dieser Täter im Traum erscheinen um
diese dort aus dem Schlaf auffahren zu lassen und dann blutüberströmt einfach mal nach dem Warum zu fragen.

Herzlichst
Dr. 213
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