Nach der Wende geschah in Berlin auch dieses:
Erich am Tisch der Kommune 1Im Frühjahr 1990 folgte ein Teil der West-Berliner alternativen Szene dem seit Jahr und Tag gar nicht so wohl gemeinten guten Rat und ging "nach drüben".Zwischen dem 9. November 1989 und dem 3. Oktober 1990 fühlten sich viele DDR-Bürger als die freiesten Menschen der Welt. Zwar entstand diese ungewohnte Freiheit eher zufällig in der Zeit des Wartens auf die neue Ordnung, sie wurde aber in vielfältigster Weise genutzt. Und das nicht nur von Bürgern der DDR. Gerade in Ost-Berlin fanden im Fr ühling und Sommer 1990 immer mehr links-alternative West-Berliner ein Umfeld, in dem ihnen plötzlich möglich war, wovon sie in ihrer Kreuzberger Szene bis dahin nur hatten träumen können. Zum Symbol und Kristallisationspunkt dieser "Ausreiser-Bewegung" mit umgekehrten Vorzeichen wurden die besetzten Häuser in der Mainzer Straße im Ost-Berliner Stadtbezirk Friedrichhain.
Nach dem Fall der Berliner Mauer dauerte es einige Monate, ehe die West-Berliner Szene die Chance begriff, die sich ihr im Ostteil der Stadt bot. So waren es zunächst Ost-Berliner, die mit Besetzungen auf sich aufmerksam machten. Diese standen am Beginn noch stark in der Tradition der Wohnungsbesetzungen, welche in der DDR zumindest seit den 1970er Jahren ein probates und weit über die Kreise der Opposition hinaus verbreitetes – auch Bundeskanzlerin Merkel bekannte sich kürzlich dazu3 – Mittel der Wohnraumbeschaffung waren. Besetzer meldeten sich nach "Inbesitznahme" der Wohnung üblicherweise bei der Kommunalen Wohnungsverwaltung (KWV) und zahlten in der Regel auch unaufgefordert Miete.
Ein besonderer Lebensstil verband sich mit diesen Wohnungsbesetzungen allerdings nicht. Sie wurden weder von den Besetzern noch von staatlicher Seite als ein Politikum oder gar als politisches Kampfmittel der Konfrontation mit dem Staat betrachtet. In einigen Fällen kam es auf diese Weise immerhin zu Besetzungen ganzer Häuser, wobei die ursprünglichen Wohnungsstrukturen erhalten blieben.4 Als im Dezember 1989 die Bewohner eines derart belebten Hauses in der Schönhauser Allee 20/21 (Bezirk Prenzlauer Berg) Transparente aus den Fenstern hängten und die Besetzung somit öffentlich machten, wurde dies zur Geburtsstunde der Ost-Berliner "Besetzerbewegung".
Von nun an wurden – bei einigen auch unter Berufung auf die ausdrückliche Billigung durch den Runden Tisch5 – eine Vielzahl von Häusern in Prenzlauer Berg und Mitte besetzt, etwas später auch in Friedrichshain. Bis zum Sommer 1990 sollten es in Ost-Berlin etwa 130 werden.6 Ab März beteiligen sich daran auch vermehrt West-Berliner. Die Initiative zur Besetzung der Mainzer Straße kam von der "Kirche von Unten", geworben wurde dafür in der West-Berliner Autonomenzeitschrift "Interim" und während der 1.Mai-Demonstration in Kreuzberg. Der vollständige Beitrag hier:
http://www.horch-und-guck.info/hug/arch ... -63/06311/Zwar wusste die Westberliner Szene die Situation in Ostberlin zu nutzen, konnte das aber nur kurzfristig, bis zur Räumung.