Romanisches Haus - Die Stasi war nicht amüsiert „Karikaturen in der DDR“ - unter diesem Titel zeigte das Romanische Haus in Bad Kösen eine Sonderausstellung. Da hat auch Andreas Neumann-Nochten seinen Platz. Obwohl: Bis zur Wende waren seine Karikaturen offiziell gar nicht zu sehen. Der Naumburger Student am Kirchlichen Oberseminar hatte dafür eine dicke Stasi-Akte und bekam häufig Ärger mit Horch und Guck sowie der Volkspolizei.
Zeitzeuge der Wende in der RegionDas Naumburger Stadtmuseum hatte nun Neumann-Nochten, der heute in Görlitz lebt, nach Bad Kösen eingeladen und ihn gebeten, in der Ausstellung über die damalige Zeit zu berichten. Museumsleiter Siegfried Wagner begrüßte ihn als einen derjenigen Personen, die über die jüngste Vergangenheit authentisch berichten können. „Als Zeitzeuge eingeladen zu werden, da muss man ja schon alt sein“, meinte der heute 54-Jährige, der seinen Humor nie verloren hat. „Erste Karikaturen von Kommilitonen, die neben mir saßen entstanden in der Vorlesung“, erinnerte er sich. „Der Dozent wunderte sich dann über die Heiterkeit, die sich im Hörsaal verbreitete.“ Neumann-Nochten der damals im Friedenskreis an der Hochschule mitarbeitete, gestaltete dann Aufnäher à la „Schwerter zu Pflugscharen“.
Für zwei Wochen ins GefängnisDie hatten sie vor dem Verteilen zwar in einem Suppentopf versteckt, aber die Volkspolizei entdeckte sie dennoch. Zur ersten Festnahme kam es am 1. Mai 1983, als einige Studenten mit von Neumann-Nochten gezeichneten Plakaten an der offiziellen Mai-Demonstration in Naumburg teilnehmen wollten. Bei der Stasi landete er, als ein Kartenspiel beschlagnahmt wurde. „Eigentlich harmlos, heute würde man es lustig finden“, meinte Neumann-Nochten. Er hatte da Menschen aus der DDR-Gesellschaft gezeichnet. Gedacht war es eigentlich für die Satirezeitschrift „Eulenspiegel“.
Bei der Stasi indes war man nicht sehr amüsiert über die Darstellungsweise. Schickte man ihn damals nach dem Verhör noch nach Hause, kam er 1988 für zwei Wochen ins Gefängnis und wurde als Bausoldat eingezogen. Immer waren es Sprüche und Zeichnungen, die den Genossen gar nicht gefielen, ja, die Staatsverrat sein sollten. Dafür wurde dem Naumburger auch die Exmatrikulation nahe gelegt. Examinierter Theologe ist er dennoch geworden. Erzählt wurde vom Umbruch in Naumburg, von den Meinungen, die es gab, von den Neugründungen, so Neues Forum und Demokratischer Aufbruch, von den ersten Demonstrationen. Neumann-Nochten zeichnete intensiv in dieser Zeit.
„Bonzen-freie Zone“ ist da noch in Erinnerung. Auch im „Eulenspiegel“ und in der „Titanic“ wurden jetzt seine Karikaturen gedruckt. Und er blieb auf der Höhe der Zeit: Honecker samt Schnitzler verschwanden. Dafür zeichnete er die Sieben Zwerge, die die 1989er DDR-Novemberrevolution im Sarg zu Grabe tragen und ein Kohl, die DM im Korb, bereitet ihnen den Weg: Wir sind dein Volk. Das einstige „das“ ist durchgestrichen.
Bis heute findet sein kritischer Stift genügend Felder im nun geeinten Deutschland, die es zu beackern gilt. „Indes“, sagt Neno, wie er signiert, „so viele Karikaturen entstehen nicht mehr.“ Da fehle ihm auch der Ehrgeiz.
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