Zensiert wurde die Karikatur in der DDR auf verschiedenerlei Weise. Da gab es staatlicherseits die verdeckte Zensur. Offiziell herrschte Presse- und Meinungsfreiheit, doch wurden den Zeitungsmachern schon früh die Interessen und Wünsche der Partei- und Staatsführung eindrucksvoll verständlich gemacht. Eine umfassende Nachzensur gab diesen Wünschen Nachdruck, sorgte für die Einhaltung der Anweisungen. Wer es nicht tat, riskierte Konsequenzen wie Parteistrafen oder Entlassung. Folgen hatten Verfehlungen interessanterweise aber nicht für die Karikaturisten, sondern die Redaktionsleitungen. So war beispielsweise eine Profil-Karikatur Walter Ulbrichts, gezeichnet von Harald Kretzschmar, die Ursache, daß Heinz H. Schmidt seines Postens als Chefredakteur des Eulenspiegel enthoben wurde.
Bei vielen Zeichnern fand Selbstzensur statt. Man wusste, was gewünscht war, und hat dementsprechende Ausdrucksmöglichkeiten gesucht. Die "Schere im Kopf" war einfach präsent, kannte man doch die Spielräume, die eng gezogenen Grenzen der Satire in der DDR. Eine lückenlose Auseinandersetzung mit dem Zeitgeschehen war somit unmöglich.
Dennoch wird die Karikatur in der DDR zusehends beliebter. Doch die Menschen wollen auch hier die Wahrheit, ihre eigenen Empfindungen und Erfahrungen widergespiegelt sehen. Und so verschwinden in den 70er Jahren allmählich die allgegenwärtigen Propagandabilder. Die Zeichner testen mehr und mehr die Grenzen des Erlaubten aus und entwickeln die Methode "Verstecken statt Aufdecken". Diese Sprache wird vom Publikum verstanden, ist man doch geübt darin, nur verbrämt sein Missfallen mit politischen oder wirtschaftlichen Gegebenheiten auszudrücken. Immer öfter wird nun in satirischen Bildern der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit im Lande festgehalten. Publiziert werden sie zwar noch nicht, sie finden aber Eingang in zahlreiche Ausstellungen, die sich vor allem ab Beginn der siebziger Jahre etablieren und große Besucherresonanz zu verzeichnen haben. Da werden Blätter gezeigt, die sich mit Themen befassen, die nach wie vor in den Medien verschwiegen werden: Mängel der Planwirtschaft, Willkür der Behörden, soziale Probleme, Rüstungswahn und Umweltzerstörung.
In diese Zeit fällt die Gründung des Greizer Satiricums, des einzigen Karikaturmuseums in der DDR. Hier fanden die Zeichner und Karikaturisten eine Heimstatt; in den Greizer Ausstellungen konnten viele erstaunlich kritische Karikaturen gezeigt werden.
Natürlich greifen auch die Oppositionsgruppen in der DDR die genannten Themen auf, vor allem das Umwelt- und das Friedensthema. Tabus werden gebrochen, die Kritik wird offener, und mehr und mehr schaffen sich die "verbotenen Bilder" Raum, werden in den Untergrundzeitschriften publiziert.
Im Herbst 1989 bricht auch für die Karikaturisten der DDR eine neue Zeit an. Sie haben Mühe, aktuell zu bleiben, oftmals werden sie von den turbulenten Geschehnissen der Zeit überholt. Die Thematik wird deutlich brisanter, der Blick auf die Realität schärfer, und die Zeichnungen gewinnen an Biß: Offen zieht man bildlich gegen die Staatsmacht zu Felde. Selbst bislang "unpolitische" Zeichner wie beispielsweise Henry Büttner greifen das Zeitgeschehen auf. Die "Schere im Kopf" ist nicht mehr notwendig. Trotz aller Euphorie im Lande kommentieren die Zeichner den Ruf nach der deutschen Einheit kritisch, bleiben skeptisch im Einigungsprozeß 1990. Umfassende Änderungen in der Gesellschaft und im Leben jedes einzelnen lassen das letzte Jahr der DDR zur hohen Zeit der Karikatur werden. Politisch-Wirtschaftliches und Existenzängste, Zwischenmenschliches und vor allem die Beziehungen zwischen Ost und West sind nun die Themen.
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